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EU-Kommission will Glyphosat für neun weitere Jahre genehmigen

Traktor beim Spritzen

Bild: Zebaztian / Fotolia

(11. Mai 2016) Kurz vor der Abstimmung über die Wiederzulassung von Glyphosat wird klar: Die EU-Kommission will den Stoff für neun weitere Jahre genehmigen und das ohne verbindliche Einschränkungen. Umweltministerin Hendricks sprach sich derweil via Twitter gegen eine Wiederzulassung aus.*

Schon nächste Woche fällt in Brüssel die Entscheidung darüber, ob Glyphosat in Europa erneut als Wirkstoff für Unkrautvernichtungsmittel zugelassen wird. Dazu liegt uns die neue Beschlussvorlage der EU-Kommission vor, über den die VertreterInnen der EU-Mitgliedsstaaten am 18. und 19. Mai abstimmen sollen.

Der neue Kommissions-Entwurf: Wiederzulassung trotz Krebsgefahr

Ganze neun Jahre soll das Ackergift, das "wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" ist und gravierende Auswirkungen auf die Artenvielfalt hat, wieder zugelassen werden - so steht es in der Beschlussvorlage der EU-Kommission.

Ursprünglich hatte die Kommission Glyphosat gleich für 15 Jahre wiederzulassen wollen. Das Europäische Parlament hatte sich kürzlich für sieben Jahre ausgesprochen. Insofern ist der neue Vorschlag ein Kompromiss zwischen den ursprünglichen Plänen der Kommission und der Forderung der Abgeordneten. Freuen können wir uns darüber trotzdem nicht. Denn ist Glyphosat krebserregend, so darf es nach der EU-Pestizidgesetzgebung aus gutem Grund überhaupt keine Zulassung erhalten. 

Die Wiederzulassung ist nur möglich, weil bei der Bewertung des Stoffes Studien systematisch falsch interpretiert oder außer Acht gelassen wurden. Deshalb hat das Umweltinstitut gemeinsam mit weiteren Organisationen Anzeige gegen den Antragsteller Monsanto und die Prüfbehörden BfR und EFSA gestellt.

Unverbindliche Empfehlungen statt klarer Vorgaben

Doch es kommt noch dicker! Denn selbst von den vom EU-Parlament geforderten Einschränkungen für die Verwendung von Glyphosat bleiben im Beschlussentwurf der Kommission nur Empfehlungen an die Mitgliedsstaaten:   

Die Mitgliedstaaten "sollen":

  • den integrierten Pflanzenschutz und alternative Ansätze bzw. Techniken "unterstützen", die zu einer Reduktion des Pestizid-Einsatzes führen.   
  • sicherstellen, dass der Einsatz von Glyphosat-haltigen Pestiziden in bestimmten Bereichen minimiert oder sogar verboten wird. Dazu gehören öffentliche Parks und Gärten, Sport- und Erholungsräume, Schulhöfe und Spielplätze sowie Plätze in der Nähe von Gesundheitseinrichtungen.
  • Sorge dafür tragen, dass "Pflanzenschutzmittel", die Glyphosat enthalten, keine POE-Tallowawine als Beistoffe beinhalten.

Was weitgehend fehlt, ist die Verbindlichkeit, so dass zu befürchten ist, dass viele EU-Länder nur wenige oder gar keine dieser Maßnahmen auf nationaler Ebene realisieren werden.

Dass die POE-Tallowamine Unkrautvernichtungsmitteln nicht mehr beigemischt werden sollen ist definitiv eine gute Sache, da sie gravierende negative Effekte auf die menschliche Gesundheit haben. In Deutschland sind sie allerdings ohnehin bereits seit einigen Jahren nicht mehr als Beistoffe erlaubt.

Was zudem gänzlich in der Beschlussvorlage fehlt, ist die vom Europäischen Parlament eingeforderte strikte Begrenzung der hoch umstrittenen Vorerntebehandlung, die sogenannte "Sikkation".

"Wischiwaschi"-Artenschutz

Das Bundesumweltministerium hatte in den letzten Wochen immer wieder auf die gravierenden Auswirkungen von Glyphosat auf die Artenvieltfalt aufmerksam gemacht und seine Zustimmung zur Wiederzulassung an wirksame Maßnahmen zum Schutz sogenannter "nicht-Zielorganismen" geknüpft.

Doch auch hier enttäuscht die Kommissionsvolage. Die Mitgliedsstaaten „sollen“ danach den Risiken für nicht-Ziel-Pflanzen und -Tiere (Wirbeltiere und Arthropoden) sowie denen für die Biodiversität allgemein besondere Aufmerksamkeit schenken.

Von verbindlichen Vorgaben zum Schutz der Artenvielfalt kann also nicht die Rede sein. Denn die Mitgliedstaaten sind an diese Empfehlungen nicht gebunden. Bundesumweltministerin Hendricks müsste somit konsequenterweise eine deutsche Zustimmung zum Kommissionsentwurf blockieren.

Unser Offener Brief

Wir sind der Meinung: Es handelt sich bei dieser Beschlussvorlage um einen faulen Kompromiss, dem Deutschland keinesfalls zustimmen darf. Aus Vorsorgegründen muss Glyphosat ein EU-weites Verbot erteilt werden. Wir haben deshalb Umweltministerin Barbara Hendricks und Agrarminister Christian Schmidt in einem offenen Brief aufgefordert, bei der Abstimmung in Brüssel am 18. oder 19. Mai gegen die Wiederzulassung zu stimmen.

* Update (12.05., 12:45 Uhr):
Umweltministerin Hendricks gegen Glyphosat-Wiederzulassung

Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat soeben angekündigt, eine deutsche Zustimmung zur Wiederzulassung von Glyphosat zu blockieren! Damit wird sich Deutschland bei der Abstimmung vorraussichtlich enthalten, denn Landwirtschaftsminister Schmidt (CSU) ist weiterhin dafür, Glyphosat weiter zu erlauben. Doch ohne die Zustimmung Deutschlands steht die die Verlängerung der Glyphosat-Zulassung auf der Kippe! Danke Frau Hendricks!

Hier die Ankündigung von Ministerin Hendricks über Twitter:

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