Petition zur Pestizidkontrolle im Bundestag

© Deutscher Bundestag/Ute Grabowsky/ photothek.net
Imkermeister Thomas Radetzki stellte vergangenen Montag seine Petition für strengere Regulierungen bei der Zulassung von Pestiziden im Bundestag vor. Ermöglicht wurde dies durch die Unterschriften von über 72.000 Menschen, die im Frühjahr 2019 an der Petition teilnahmen. Angesichts des dramatischen Insektensterbens rief Thomas Radetzki bei seiner Anhörung die Bundesregierung zum Handeln auf: Es werden nach wie vor Pestizide zugelassen, ohne dass diese umfassend hinsichtlich ihres Risikos für bestäubende Insekten untersucht werden. Wie es Thomas Radetzki bei seiner Anhörung erging und wie sich die Bundesregierung positionierte, erzählt er uns im Interview:
Herr Radetzki auf welche Inhalte sind Sie bei Ihrer Anhörung im Bundestag eingegangen?
Radetzki: Ich habe die Abgeordneten daran erinnert, dass der Weltbiodiversitätsrat schon 2016 festgestellt hat, dass „besonders die Anwendung von Pestiziden eine der Hauptursachen für die Gefährdung der Blütenbestäuber darstellt“. Dennoch bestehen bis heute erhebliche Defizite bei der staatlichen Pestizidkontrolle. Stattdessen wird die zwingend notwendige europäische Bienenschutz-Leitlinie »Bee Guidance« seit 6 Jahren verschleppt und soll nun mit Zustimmung der Bundesregierung noch weiter abgeschwächt werden. Risiken für Wildbienen und Hummeln sollen nicht mehr untersucht und krankmachende „subletale“ Effekte von Pestiziden völlig außer Acht gelassen werden. Aufgrund der jetzigen Zulassungspraxis kommen für verbotene Pestizide neue, zum Teil noch deutlich problematischere Wirkstoffe auf den Markt. Diesen unerträglichen Zustand habe ich in aller Klarheit geschildert. Mein Appell an die Abgeordneten: »Bitte sorgen Sie dafür, dass tatsächlich vom Acker kommt, was Biene, Mensch und Natur schadet«.
Wie haben die Abgeordneten reagiert?
Radetzki: Ich denke, die existentielle Gefahr des Insektensterbens haben die Abgeordneten mittlerweile erkannt. Weitgehende Einigkeit herrschte auch darüber, dass Pestizide einen maßgeblichen Anteil am stillen Sterben der Insekten haben. So sagte zum Beispiel der Staatssekretär des Bundesumweltministeriums (BMU), Florian Pronold (SPD): "Es ist nicht zu bestreiten, dass Pflanzenschutzmittel erhebliche negative Effekte haben." Er räumte auch ein, dass unsere Forderungen sachgemäß sind und diese gewichtige Probleme ansprechen, die bisher ungelöst sind. Auch die Oppositionsparteien haben sich weitgehend unterstützend gezeigt. Insofern habe ich allen Grund zu hoffen, dass der Petitionsausschuss zugunsten unserer Petition entscheiden wird.
Wie hat sich die Bundesregierung geäußert und positioniert?
Radetzki: Die Anhörung hat deutlich gemacht, dass ein offener Streit innerhalb der Bundesregierung beim Thema Insektenschutz herrscht. Während vonseiten des BMU vor allem unterstützende Wortmeldungen zu unseren Forderungen kamen, waren von den Vertretern des Landwirtschaftsministeriums (BMEL) abwiegelnde Statements zu hören. Die Bundesregierung tue schon ganz viel für die Insekten und man arbeite weiter an Verbesserungen. Aber auch sie mussten zugeben, dass viele der Probleme, die ich mit der Petition anspreche, ungelöst sind. Ein Beispiel ist die mangelnde Untersuchung von sogenannten Cocktaileffekten, die bei der Mischung mehrerer Pestizide zu einer Potenzierung der Giftigkeit führen können.
Wie geht es weiter?
Radetzki: Der Petitionsausschuss wird nun darüber entscheiden, ob er sich hinter die Forderungen der Petition stellt, und eine entsprechende Empfehlung an den Deutschen Bundestag geben. Entscheidet auch das Parlament zugunsten einer Unterstützung der Petition, wird es einen entsprechenden Beschluss mit Empfehlungen an die Bundesregierung übermitteln. So oder so haben wir gemeinsam mit der Petition Pestizidkontrolle unser Anliegen stark in den gesellschaftlichen und medialen Diskurs eingebracht und den Anstoß für eine Befassung des Parlaments mit dem Thema gegeben. Dafür danke ich allen Unterstützer*innen ganz herzlich! Ich denke, dass die Petition Pestizidkontrolle ein wichtiger Baustein auf dem Weg hin zu einer pestizidfreien Landwirtschaft ist.
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