Home  trenner  Meldungen  trenner  Das „Wackersdorf“ der Klimabewegung?

Das „Wackersdorf der Klimabewegung"?

Bedroht vom Braunkohletagebau: der Hambacher Forst (Bild: Hamacher Forst / flickr)

Bedroht vom Braunkohletagebau: der Hambacher Forst (Bild: Hamacher Forst / flickr)

(29. August 2018) Während in Berlin die Kohlekommission über den Kohleausstieg berät, droht der Energiekonzern RWE im Rheinland unwiderrufliche Fakten zu schaffen. Geht es nach dem Konzern, so sollen ab Anfang Oktober die letzten Reste des Hambacher Forstes dem Braunkohletagebau geopfert werden. Dagegen regt sich massiver Widerstand.

Noch steht sie, die kleine grüne Oase am Tagebau Hambach, 30 Kilometer westlich von Köln. Doch wie lange noch? Während Umweltverbände kritisieren, dass der Betrieb des Tagebaus Hambach auch ohne weitere Rodungsarbeiten problemlos aufrechterhalten werden könnte, ist eine Rodung des Waldes aus Sicht von RWE für den Weiterbetrieb „zwingend erforderlich“. Für die seit Juni tagende Kohlekommission könnte dies das Aus bedeuten. Das Gremium aus VertreterInnen von Industrie, Gewerkschaften, Wissenschaft, Umweltverbänden und Tagebaubetroffenen zielt auf einen gesellschaftlichen Konsens: die Aushandlung, eines Kohleausstiegs-Fahrplans, der dem Klimaschutz dient und zugleich soziale Fragen gerecht wird.

Bringt RWE die Kohlekommission zu Fall?

Bundesumweltministerin Svenja Schulze kritisiert das aktuelle Rodungsvorhaben von RWE scharf: „Wenn ein gesellschaftlicher Konsens organisiert werden soll, dann dürfen während einer solchen Phase keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden.“ Ein Beginn der Rodung wäre für Schulze „genauso unerträglich, als wenn während dieser Gespräche mal so eben die zusätzliche Abschaltung eines Kraftwerkes beschlossen würde“. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) kündigte bereits für den Fall eines Rodungsbeginns im Hambacher Forst an, die Kommission zu verlassen. Und weitere kohle-kritische Kommissionsmitglieder drohen, es ihm gleichzutun. Damit stünde schlussendlich die Legitimation des Gremiums zur Disposition.

Erste Medien schreiben bereits jetzt, dass der Hambacher Forst zum „Wackersdorf der Klimabewegung“ werden könnte. Mitte der 1980er Jahre wurde der niederbayerische Weiler zum Kristallisationspunkt der Antiatombewegung. Wackersdorf ist dabei auch Sinnbild für das Aushebeln demokratischer Werte zugunsten der Atomkraft.

„Wenn die Sägetrupps anrücken, wird auch RWE mit friedlichen Bürgern rechnen müssen, die sich vor Bäume stellen“, schreibt Michael Bauchmüller in der Süddeutschen Zeitung. „Bilder, wie die Polizei Eltern und Kinder einkesselt oder aus dem Wald trägt, wird RWE so wenig ertragen können wie die Braunkohle-freundliche Landesregierung in Düsseldorf.“

Aufbäumen gegen Kohle

Ein Szenario, das gut denkbar ist. Der Protest gegen die Kohle im rheinischen Revier hat über die letzten Jahre deutlich an Breite gewonnen: Neben Demonstrationen und Menschenketten erreichten auch die regelmäßigen Sonntagsspaziergänge durch den Hambacher Forst in Spitzenzeiten eine TeilnehmerInnen-Zahl von über tausend Personen. Und bei Besetzungsaktionen stürmten mehrere Tausend AktivistInnen Tagebau-Infrastruktur. Für den Fall beginnender Räumungs- oder Rodungsmaßnahmen kündigen KlimaaktivistInnen schon jetzt massiven Protest an. „Aktion Unterholz“ oder „Ende Gelände“ heißen dabei ihre Kampagnen für Aktionen massenhaften zivilen Ungehorsams.

Ob und wann eine Räumung und anschließende Rodung des Hambacher Forstes wirklich beginnt, ist derzeit unklar. Der größte Polizeieinsatz in NRW der vergangenen Jahre hat jedoch schon längst begonnen. Michael Zobel, der als Waldpädagoge regelmäßig Sonntagsspaziergänge im Hambacher Forst organisiert, berichtet, dass an Besetzungen von KlimaaktivistInnen Trinkwasservorräte abtransportiert, Solarpaneele zertrümmert und Werkzeug beschlagnahmt wurden. Es gehe – so seine Einschätzung – dabei darum, „die Strukturen des Widerstands noch vor der Kompletträumung zu zerstören, mit allen Mitteln und mit einem beänstigenden Aufgebot an Menschen und Material. Doch gleichzeitig wird die Solidarität immer größer.“

Andreas Büttgen, Tagebaubetroffener von der Initiative Buirer für Buir, fühlt sich von den Verantwortlichen in Bund und Land alleine gelassen und vergessen. „Der Hambacher Wald, für uns Symbol einer zukunftsorientierten Gesellschaft, droht nun zum Mahnmal für die Zerstörung unserer Zukunft zu werden.“

Zurück nach oben