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Alles andere als Normalität

Fukushima sieben Jahre nach der Atomkatastrophe
Fukushima-Stadt - Foto: Purplepumpkins/Wikimedia

Fukushima-Stadt - Foto: Purplepumpkins/Wikimedia

(7.3.2018) Sieben Jahre nach dem Super-GAU in Fukushima gibt es aus Sicht der japanischen Regierung keinen Grund zur Sorge mehr. Ein Teil der Sperrgebiete wurde aufgehoben und die Rücksiedlung beginnt. Normalität soll einkehren. Umweltschützer warnen jedoch vor gesundheitlichen Risiken. Neue Untersuchungen zeigen, dass die Langzeitfolgen des Reaktorunglücks unterschätzt werden.

Kontaminiertes Wasser lagert in über 1000 Tanks - Foto: IAEA

Kontaminiertes Wasser lagert in über 1000 Tanks - Foto: IAEA

Die japanische Regierung hat bereits vor einem Jahr, im März 2017, den Evakuierungsstatus der Regionen Namie und Itate aufgehoben, und ruft nun zur Rückbesiedlung auf. Die Dekontamination sei in den entsprechenden Gebieten abgeschlossen. Umweltschützer warnen jedoch vor Gesundheitsgefahren: das Strahlenschutzziel von maximal 1 mSv/Jahr könne auf Jahrzehnte nicht eingehalten werden. Aufgrund eigener Messungen hält Greenpeace das Fünffache für realistisch. In der Nähe umliegender Waldgebiete könne die Dosis sogar noch deutlich höher liegen.

Auch die Aufräumarbeiten am Kraftwerk selbst werfen noch immer riesige Probleme auf, obwohl Milliarden investiert werden. Täglich muss tonnenweise kontaminiertes Grundwasser um den zerstörten Reaktor abgepumpt. Die dafür vorgesehenen Tanks reichen teilweise nicht aus, kontaminiertes Wasser muss ins Meer abgelassen. Kontaminiertes Erdreich lagert in hunderten Millionen von Plastiksäcken, die aufgrund von Alterungsprozessen langsam Risse bekommen. Der Platz wird eng, eine dauerhaft akzeptable Lösung ist nicht gefunden. Weiterhin gelangen radioaktive Substanzen aus dem zerstörten Kraftwerk in die Umwelt.

Langzeitfolgen des Reaktorunglücks unterschätzt

Aktuelle Ergebnisse eines internationalen Forscherteams liefern Hinweise, dass die Strahlenbelastung in der Region länger anhalten könnte als bisher gedacht. Es wurden uranhaltige Mikropartikel gefunden, deren Radioaktivität mit einer Halbwertszeit von einigen Milliarden Jahren nur sehr langsam abnimmt. Die Partikel sind so klein, dass sie im Staub aufgewirbelt und eingeatmet werden können. In den Körper aufgenommene Radioaktivität ist jedoch besonders problematisch.
Der Fund der Kleinstpartikel ist ein Beleg dafür, dass nicht nur leicht lösliche Zerfallsprodukte, sondern auch Teile der Brennstäbe selbst in die Umwelt gelangt sind. Folgeuntersuchungen der Partikel sollen genauere Informationen über den Unfallhergang liefern.

Versuch der Normalisierung: Olympia 2020 in Fukushima, der Reaktor als Touristenattraktion

Japan wird die Olympischen Sommerspiele 2020, primär in Tokyo, ausrichten – die Baseball-Wettkämpfe sollen jedoch in Fukushima-Stadt stattfinden. Die Nachricht sorgt international für Skepsis. Japan will offenbar entschieden Normalität demonstrieren. Dazu gehört auch die Wiedereröffnung zweier Bahnlinien durch kontaminiertes Gebiet. Kürzlich veröffentlichte Anime-Filme sollen den Ruf von Nahrungsmitteln aus Fukushima wieder aufbessern.

Parallel kündigte der AKW-Betreiber TEPCO an, das zerstörte Kraftwerk verstärkt als Touristenattraktion zu nutzen. Bereits im Geschäftsjahr 2017 besuchten etwa 10.000 Menschen den Ort der Katastrophe, darunter Schulklassen. Bis zu den Olympischen Spielen 2020 soll die Besucherzahl laut AKW-Betreiber verdoppelt werden.

Die Stadt Fukushima selbst wurde nie evakuiert, sie war weniger betroffen als einige Gebiete in der Präfektur. Das Risiko für Athleten und Zuschauer und Besucher wäre zwar gering, doch Olympia nach Fukushima zu holen ist trotzdem das falsche politische Signal, da es eine Normalisierung des gesellschaftlichen Lebens vor Ort suggeriert, die es nicht gibt.

Die Folgen des Super-GAUs sind noch lange nicht überwunden. Sosehr es wünschenswert ist, die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort zu verbessern, Ziel der PR-Kampagne von TEPCO und Regierung darf nicht sein, nach außen die Beherrschbarkeit der Atomkraft vorzutäuschen, und zugleich das nationale Atomprogramm weiterzuführen.

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