Nichts gelernt: EU-Kommission will Atomkraft noch stärker fördern

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(17. Mai 2016) 30 Jahre nach dem GAU von Tschernobyl und fünf Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima will die EU-Kommission die Nutzung der Atomkraft in Europa massiv ausweiten und die Entwicklung neuer Reaktortypen fördern. Das berichtet das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und beruft sich dabei auf ein Strategiepapier, in dem die zukünftige Atompolitik der Europäischen Union skizziert werde.
Das Papier sieht laut „Spiegel“ unter anderem vor, die „Rahmenbedingungen für Investitionen zu verbessern“ – was bedeuten dürfte, dass zusätzliche Subventionen für technische Neuerungen AKW-Neubauten attraktiver machen sollen. Das Geld hierfür soll aus dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) und den Forschungsprogrammen der EU kommen.
Auch die Entwicklung neuer Reaktortypen, darunter auch von Mini-Atomreaktoren, soll angeschoben werden – und zwar, um eine vermeintliche „technologische Vorherrschaft“ Europas bei der Nutzung der Atomkraft zu sichern. Spätestens bis 2030 soll ein solcher Mini-Meiler in Betrieb genommen werden.
Viel Zeit hingegen möchte man sich lassen, um die Sicherheitsmängel in maroden europäischen Reaktoren anzugehen: Erst 2025, also in knapp 10 Jahren, sollen „Forschungsergebnisse über Materialstress“, etwa über die Haarrisse in den belgischen Schrottreaktoren Tihange und Doel veröffentlicht werden. Zufälligerweise endet die Laufzeit der meisten Reaktorblöcke in den Pannen-AKWs genau in diesem Jahr. Klar ist: Angesichts immer haarsträubenderer Meldungen aus den Reaktoren ist sofortiges Handeln gefragt!
Der Vorschlag der EU-Kommission erntete bereits scharfe Kritik aus den Reihen der Bundesregierung: Umweltministerin Hendricks nannte die darin skizzierte Vision in einem Interview eine "verrückte und unverantwortliche Idee". Auch Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einem "völlig falschen Weg" der EU-Kommission und nannte die Pläne "absurd".
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt forderte, die Bundesregierung müsse nun "ihr politisches Gewicht voll einbringen", um die Kommission von derartigen Überlegungen abzubringen.
Die EU-Kommission hat bestätigt, dass das im „Spiegel“ zitierte Papier in dieser Form existiert. Sie dementiert allerdings, dass es sich dabei bereits um die finale Position der Kommission handelt. Es sei lediglich eine „Diskussionsgrundlage“.
Und doch zeigt bereits die Existenz eines solchen Papiers, dass die Atom-Hardliner in den Reihen der Kommission alle Hebel in Bewegung setzen, um das Auslaufmodell Atomkraft künstlich am Leben zu erhalten. Dass Atomkraftwerke auch nach 60 Jahren Entwicklung ohne Subventionen nicht wirtschaftlich betrieben werden können ist den Verfechtern der Atomenergie genauso egal wie das gewaltige Entsorgungsproblem rund um den jahrtausendelang strahlenden Atommüll.
Am kommenden Dienstag soll laut Angaben der Kommission über das Papier beraten werden, das Ziel sei eine unverbindliche Absichtserklärung.
Der grüne Europa-Abgeordnete Sven Giegold hat das Dokument auf seiner Homepage veröffentlicht.
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