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Glyphosat-Plagiat: Wir reichen Dienstaufsichtsbeschwerde ein!

(11.10.2017) Am Dienstag haben wir Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Präsidenten des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) Prof. Dr. Dr. Andreas Hensel eingereicht. Wir fordern, dass die Skandale um das Wiederzulassungsverfahren von Glyphosat lückenlos aufgeklärt werden. BfR-Präsident Hensel muss seinen Hut nehmen, um den Weg für einen Neuanfang freizumachen.

Verantwortung des BfR

Da Deutschland der "berichterstattende Mitgliedsstaat" für die Zulassung von Glyphosat in Europa ist, hat das BfR die Risikobewertung durchgeführt. Diese Bewertung ist die entscheidende Vorarbeit für die europäischen Behörden EFSA und EChA: Deren Schlussfolgerung, dass Glyphosat wahrscheinlich nicht krebserregend sei, beruht in erster Linie darauf und liefert die Begründung für die geplante Wiederzulassung des Wirkstoffs in der EU für weitere 10 Jahre. Doch wie sich gezeigt hat, stammt die Bewertung des BfR in wesentlichen Teilen aus der Feder der Hersteller selbst und weist auch darüber hinaus schwerwiegende wissenschaftliche Mängel auf.

Gutachten bestätigt Plagiate

Der aktuelle Anlass für die vom Umweltinstitut eingereichte Dienstaufsichtsbeschwerde ist das Gutachten des Plagiatsprüfers Dr. Stefan Weber. Das Gutachten bestätigt, dass das BfR wesentliche Teile seiner Bewertung der Gesundheitsgefahren des Unkrautvernichters direkt aus dem Antrag der Herstellerfirma Monsanto abgeschrieben hat.

BfR verstößt gegen eigene Leitlinien

Das Gutachten von Dr. Stefan Weber zeigt, dass das BfR bei der Erstellung des Berichts über Glyphosat gegen Leitlinien der EU-Kommission verstoßen hat. Danach müssen Schlussfolgerungen und Kommentare, die vom berichterstattenden Mitgliedstaat bei der Erstellung des Bewertungsberichts vorgenommen werden, eindeutig zu erkennen und von denen des Antragstellers oder Studienautors zu unterscheiden sein. Dies ist in dem Bericht nicht der Fall.

Auch gegen seine eigenen Leitlinien verstößt das BfR. Ein Plagiat wird darin als „wissenschaftliches Fehlverhalten“ angesehen. Demnach ist dem BfR wissenschaftliches Fehlverhalten nach den eigenen Grundsätzen vorzuwerfen. Denn das Gutachten bestätigt, dass Textplagiate „im Sinne einer bewussten Täuschung über die wahre Autorenschaft“ begangen wurden.

Keine erkennbare eigenständige Risikobewertung

Sofern das BfR nach sorgfältiger Prüfung zu der Schlussfolgerung gekommen sein sollte, dass es die Bewertung des Antragstellers teilt, hätte die Behörde dokumentieren müssen, wie diese Feststellung erfolgt ist und warum die Bewertung des Antragstellers geteilt wird. All das fehlt jedoch in den von Dr. Weber geprüften Kapiteln. Er kommt daher zu dem Schluss: „Es ist offensichtlich, dass das BfR keine eigenständige Bewertung der zitierten Studien vorgenommen hat“. Genau das ist aber die zentrale Aufgabe des BfR im Bewertungsverfahren.

Unkritische Übernahme von Industrie-Studien

Das BfR hat nicht nur Teile der Bewertung der Antragsteller eins zu eins übernommen, sondern auch eine kritische Überprüfung der nicht öffentlich zugänglichen, von der Industrie eingereichten Studien vermissen lassen. So musste sich die Behörde nach der Veröffentlichung der Monographie der Krebsforschungsagentur der WHO in 2015, die Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ einstufte, korrigieren und für mehrere Studien die signifikante Zunahme von Tumoren einräumen. Doch trotz der wiederholten Auswertung und der Korrektur entgingen dem BfR noch acht weitere signifikante Tumoreffekte. Dies konnte durch den Wissenschaftler Christopher Portier nachgewiesen werden.

Fragwürdige Bewertung der Zuverlässigkeit von Fachliteratur

Während zahlreiche Studien, die in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden, vom BfR als nicht zuverlässig abgelehnt wurden, wurden 14 „letters to the editor“ als „Studien“ gewertet, darunter auch Leserbriefe von MitarbeiterInnen von Monsanto. Solche Leserbriefe als wissenschaftliche Studien zu betrachten ist alles andere als seriös. Insgesamt zeigt die Arbeitsweise des BfR eine deutliche Parteilichkeit für die Industrie bzw. die Herstellerfirmen von Glyphosat.

Abstimmung um Wiederzulassung steht bevor

Voraussichtlich noch diesen Monat entscheiden die Mitgliedstaaten der EU über den Vorschlag der EU-Kommission Glyphosat für weitere 10 Jahre zuzulassen. Einige Mitgliedstaaten haben bereits verlauten lassen diesem Vorschlag nicht zu stimmen zu wollen. Darunter Frankreich, das mit einem milliardenschweren Programm den Ausstieg der LandwirtInnen aus dem Glyphosateinsatz unterstützen möchte, Luxemburg und Österreich. Auch aus Italien und Schweden gab es positive Signale für ein Verbot. Die deutsche Bundesregierung wird sich in ihrer jetzigen Konstellation wohl enthalten.

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