Erste Lesung im Bundestag:
Fracking-Gegner in allen Fraktionen

(München, 8. Mai 2015) Am Donnerstag diskutierte der Bundestag in erster Lesung über das Fracking-Gesetzespaket und läutete damit offiziell die parlamentarische Beratung ein. Die Redebeiträge der Abgeordneten zeigten, dass die Kritik an den Gesetzesentwürfen durch alle Parteien geht. Interessant ist, dass auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks die Abgeordneten explizit dazu aufforderte, das Gesetz zu verschärfen. Sie betonte, dass wir keine neue Erschließung fossiler Energiequellen brauchen.
Im Vorfeld hatte sich bereits der Umweltausschuss des Bundesrats für ein generelles Fracking-Verbot ausgesprochen. In der Plenarsitzung des Bundesrats am Freitag wurde diese Empfehlung leider nicht von der Mehrheit übernommen, obwohl Frau Hendricks bei dieser Gelegenheit - ganz anders als bisher - zugab, dass ein Verbot über das Bundesberggesetz rechtlich möglich wäre. Allerdings empfiehlt der Bundesrat, Fracking zur Förderung von Kohleflöz- und Schiefergas nicht nur oberhalb, sondern auch unterhalb von 3000 Metern Tiefe zu verbieten. Das ist insofern relevant, als dort die größten Vorkommen liegen.
Dennoch ist paradox, dass die „Klimaministerin“ Hendricks, wie sie sich selbst bezeichnete, Fracking nicht komplett verbieten will. So kritisierte auch der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer im Bundestag, es sei ein Vorgriff auf die Konzernjustiz von TTIP und CETA, wenn eine Umweltministerin von einem generellen Verbot Abstand nimmt, mit der Begründung, dass Konzerne dagegen klagen könnten. Wie die Grünen bekräftigte auch die Linke ihre klar ablehnende Position gegenüber Fracking und die Forderung nach einem absoluten Verbot. Hubertus Zdebel, der für die Linke im Umweltausschuss sitzt, betonte zu Recht, dass die Abgeordneten nun unter genauer Beobachtung der Bürgerinnen und Bürger stehen und ihren Worten nun Taten folgen lassen müssen.
Die Große Koalition zeigte sich nach wie vor tief gespalten: In der CDU gibt es eine große Gruppe von KritikerInnen, die vehement Nachbesserungen an dem Gesetzesentwurf fordern. Diese schließen folgende Punkte ein:
• Oberirdische Aufbereitung statt Verpressung des giftigen Lagerstättenwassers
• Streichung der willkürlich festgelegten 3000 Meter-Grenze, die den Großteil der unkonventionellen Erdgasvorkommen von dem vorübergehenden Verbot ausschließen würde (so wie es auch der Bundesrat fordert)
• Begrenzung der wissenschaftlich begleiteten Fracking-Probebohrungen im Schiefergestein auf maximal acht
• Echte Beweislastumkehr, damit die z.B. von durch Fracking ausgelösten Erdbeben Geschädigten, nicht auf den entstandenen Kosten sitzen bleiben
• Stärkere Bürgerbeteiligung, auch für die konventionelle Erdgasförderung
• Entscheidung, ob Schiefergasfracking nach 2018 erlaubt wird oder nicht, im Bundestag – d.h. keine Übertragung dieser Entscheidung auf eine Expertenkommission
Die Choreographie der Redebeiträge zeigte jedoch auch, dass die Fraktionsspitze der Union Fracking befürwortet. Denn von insgesamt 51 Minuten Redezeit der CDU/CSU hatte Kritiker Andreas Mattfeldt gerade einmal fünf Minuten zur Verfügung, den Rest beanspruchten Hardliner wie Joachim Pfeiffer und Georg Nüsslein. Deren Hauptargumente laufen jedoch ins Leere, denn Arbeitsplätze und Energieversorgungssicherheit können erneuerbare Energien bekanntermaßen besser sichern als mit hohem Ressourcenaufwand und beträchtlichen Risiken verbundene Techniken wie Fracking.
Die SPD teilt sich ebenfalls ganz klar in zwei Lager, wobei die KritikerInnen um den Fracking-Berichterstatter Frank Schwabe ebenfalls die Expertenkommission als „aberwitzige Konstruktion“ ablehnen und stattdessen fordern, dass der Bundestag 2018 darüber entscheiden soll, ob Schiefergasfracking nach den Erkenntnissen aus den Probebohrungen künftig erlaubt wird oder nicht. Fracking im Sandgestein, das sogenannte Tight Gas-Fracking, das in Niedersachsen bereits vielfach zur Anwendung kam, stellen jedoch weder Union noch SPD grundsätzlich in Frage. Und das, obwohl auch hier zahlreiche Fälle schädlicher Umweltauswirkungen bekannt sind.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Debatten um Fracking sehr hitzig verlaufen und noch keine Seite eindeutig die Oberhand gewonnen hat. Die Empfehlung des Umweltausschusses des Bundesrats nach einem generellen Fracking-Verbot ist ein starkes Signal an die Abgeordneten, auch wenn die Bundesländer nicht den Mut hatten, ihr im Plenum ihre Stimme zu geben. Die Forderung des Bundesrats nach einer Ausweitung des Verbots von Schiefergasfracking sowie die parteienübergreifende Kritik an dem Gesetz zeigen, dass die Ablehnung der Risikotechnik durch alle Lager geht und eine breite Mehrheit hat.
Nun geht es darum, den Druck auf die Abgeordneten bis zur endgültigen Abstimmung im Bundestag nicht abebben zu lassen!
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