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Belgische CETA-Einigung hat es in sich

Mit einer roten Karte protestiert ein Aktivist gegen CETA

Der Protest gegen CETA wird weitergehen,
Bild: Johannes Schubert, Umweltinstitut München

(27.10.2016) Der EU-Kanada-Gipfel, auf dem heute in Brüssel das Abkommen CETA unterzeichnet werden sollte, ist in letzter Minute abgesagt worden. Bis zum Mittag war nicht klar, ob Belgien das Abkommen unterzeichnen kann, da sich die Regionen Wallonien und Brüssel dagegen aussprachen. Nun aber gibt es eine Einigung zwischen den Regionen und der belgischen Bundesregierung.

Warum sich CETA-Fans trotzdem nicht zu früh freuen sollten, erklären wir in unserer Analyse der belgischen Einigung:

Am Nachmittag wurden die Details der belgischen Einigung bekannt. Sie enthält folgende Punkte:

  • Belgien bekräftigt, dass in seiner Verfassung alle drei Regionen und die drei Sprachgemeinschaften den Vertrag mit ratifizieren müssen. Die Regionen Wallonien und Brüssel sowie die französische und deutsche Sprachgemeinschaft kündigen an, den Vertrag nicht zu ratifizieren, wenn die Investor-Staat-Schiedsgerichte so bleiben, wie sie in Kapitel 8 des Abkommens festgeschrieben sind.

  • Belgien bekräftigt, was auch das Bundesverfassungsgericht für Deutschland festgehalten hat: Das Kapitel 8 (Investitionsschutz) darf nicht vorläufig angewandt werden und auch Belgien darf die vorläufige Anwendung einseitig kündigen. Außerdem wird die regulatorische Kooperation an Einstimmigkeit im Rat der EU gebunden und an Prozeduren innerhalb Belgien angepasst. Erst wenn das Abkommen ratifiziert ist, kann der Rat der EU die Entscheidungen in seinem üblichen Verfahren treffen.

  • Belgien wird einen Antrag an den Europäischen Gerichtshof stellen, zu überprüfen, ob das Investitionsgerichtssystem mit den europäischen Verträgen vereinbar ist. Dadurch könnte sich die Ratifizierung von CETA um viele Monate verzögern.

  • Belgien fordert eine Klausel, um gegen Marktungleichgewichte bei landwirtschaftlichen Produkten vorzugehen. Damit soll die Landwirtschaft besser geschützt werden, indem kanadische Produkte auch entgegen CETA vom europäischen Markt ferngehalten werden können, wenn ein Marktungleichgewicht besteht.

  • Dazu kommen drei Absätze, die sich für das Vorsorgeprinzip, gegen Gentechnik und für Regionale Ursprungsbezeichnungen aussprechen. Sie sind jedoch wenig wertvoll, wenn das Abkommen nicht noch geändert wird.

Die übrigen EU-Staaten wollen heute Nachmittag über die belgischen Forderungen beraten. Stimmen sie zu, wird es Aufgabe der EU-Kommission sein, diese Bedingungen mit Kanada in eine rechtssichere Form zu überführen.

Was bedeutet die belgische Einigung?
Protestaktion gegen CETA

Bild: Johannes Schubert, Umweltinstitut München

Belgien kann unterschreiben: Dass sich die Regionen mit der Bundesregierung geeinigt haben, führt dazu, dass Belgien das Abkommen unterzeichnen kann. Damit kann der Ratifizierungsprozess beginnen.

Ratifizierung ist unsicher: Die Regionen Wallonien und Brüssel sowie die deutsche und französische Sprachgemeinschaft bekräftigen, dass Abkommen so nicht ratifizieren zu wollen, weil ihre Parlamente etwas anderes beschlossen haben. Damit ist Belgien nach wie vor nicht in der Lage, CETA zu ratifizieren. Nach einem Beschluss des Europäischen Parlaments wird diese Frage wieder auftauchen und bis dahin wohl sehr viel Druck auf den Regionalpolitikern in Wallonien und Brüssel lasten.

CETA kommt vor den Europäischen Gerichtshof: Dieser Punkt ist ein nicht zu unterschätzender Erfolg. Ohne den beharrlichen Widerstand der Wallonen hätte es voraussichtlich keine Überprüfung von CETA vor dem Europäischen Gerichtshof gegeben. Wie der EuGH in der Frage entscheidet, ist offen. Doch wir gewinnen so sehr viel Zeit.

Peinlich für die Kommission

Gestern Nachmittag saßen in Ottawa JournalistInnen im Flugzeug von Premier Trudeau und warteten auf ihren Regierungschef. Doch der kam nicht, weil eine Einigung in Brüssel noch ausstand. Für die EU-Kommission ist es peinlich, dass der EU-Kanada-Gipfel so kurzfristig abgesagt werden musste.

Doch an der Situation ist sie selbst schuld. Anstatt sich positiv zu den Verfahren innerhalb der EU zu bekennen, hat sie Trudeau in Geiselhaft genommen, um Druck auf die Wallonie auszuüben. Jetzt könnte die CETA-Ratifizierung noch sehr lange dauern. Und damit steigen unsere Chancen, das Abkommen noch zu verhindern.

CETA-Fans sollten sich nicht zu früh freuen

Unabhängig davon, wie der EuGH zum Investionsschutz in CETA entscheidet, muss der Handelsvertrag noch durch 37 Parlamente, bevor er in Kraft treten kann. Und ganz anders, als in den letzten Tagen immer wieder behauptet wurde, steht die Wallonie keineswegs allein mit ihrer Kritik da. Überall in Europa regt sich der Widerstand gegen CETA, weil die Menschen merken, dass es ein schlechtes Abkommen ist.

In Deutschland wird das Bundesverfassungsgericht im Hauptverfahren prüfen, ob das Abkommen mit dem Grundgesetz vereinbar ist und in mehreren Bundesländern haben wir bereits Volksbegehren oder -initiativen gegen CETA auf den Weg gebracht. Die Chancen stehen weiter gut, dass CETA am Widerstand der Bürgerinnen und Bürger scheitert.

Weiterführende Informationen

Die geleakte Einigung der belgischen Regierung und Regionen zu CETA

Das bayerische Volksbegehren gegen CETA

Hintergrundinfos zu CETA

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