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Scheinargumente für LNG

Eine Gasflamme an einem Herd

Noch spielt Gas eine wichtige Rolle im alltäglichen Leben vieler Menschen. Doch brauchen wir darum neue LNG-Terminals?

(6.4.2022) In der Debatte um flüssiges Erdgas (LNG) werden Zeitintervalle und verschiedene Gas-Arten durcheinandergeworfen. Das hilft Industrie und Politik möglichst schnell Tatsachen zu schaffen. Der Klimaschutz zieht den Kürzeren.

Es soll schnell gehen

Viele Jahre galt LNG (liquified natural gas) als umweltschädlich und teuer, Projekte für deutsche Häfen stockten. Doch nun erscheint LNG als alternativlos, um sich möglichst schnell unabhängig von russischem Erdgas zu machen. Die Ankündigungen überschlagen sich, das Energieunternehmen EnBW hat bereits jetzt eine Vereinbarung mit dem zukünftigen LNG-Terminal Stade getroffen – noch bevor überhaupt mit dem Bau des Hafens begonnen wurde.

Auch die Zahl der angekündigten LNG-Terminals steigt kontinuierlich: War vor wenigen Wochen noch die Rede von zwei deutschen Terminals, fordert Niedersachsen jetzt vier Häfen im eigenen Bundesland, in Schleswig-Holstein ist eines in Brunsbüttel geplant und auch Mecklenburg-Vorpommern will eine eigene Anlage. Damit die Projekte möglichst schnell gebaut werden können, haben Politiker verschiedener Parteien angeregt, sich ein Vorbild am Tesla-Werk in Brandenburg zu nehmen. Dort hatte man schon vor Erteilung der Genehmigung mit dem Bau begonnen. Als die nötigen Unterlagen vorlagen, konnte sofort mit der Produktion der E-Autos begonnen werden.

Dass LNG schädlich für das Klima und die Umwelt ist, steht dabei außer Frage. Doch zwei Argumente sollen die Projekte rechtfertigen: Sie seien notwendig für die Versorgungssicherheit und die Terminals würden in Zukunft mit grünen Gasen beliefert. Hier lohnt es sich, genauer hinzusehen, denn bei dieser Argumentation wird manches vermischt.

LNG: Zu spät für die Energiekrise, zu träge für die Klimakrise

Der Wunsch nach Versorgungssicherheit ist erstmal richtig und sehr verständlich. Millionen Menschen heizen in Deutschland immer noch mit Gas. Wenn im Winter der Brennstoff fehlt, wird es nicht nur ungemütlich, sondern auch schnell gefährlich für die Gesundheit. Doch beziehen sich die aktuellen Sorgen vor allem auf den nächsten Winter. Für den soll das zusätzlich benötigte Gas aber vor allem über Häfen in Nachbarländern oder temporäre Anlegestellen kommen.

Die neuen, dauerhaften LNG-Terminals werden erst 2026 ans Netz gehen. Sobald sie gebaut sind, sollen sie aber Jahrzehnte laufen. Bei einer geforderten Laufzeit von 20 Jahren wird noch fossiles Gas an den Terminals umgeschlagen, wenn Deutschland schon längst klimaneutral sein will.

Grünes Gas: mehr „Framing“ als Substanz

Doch brauchen wir die LNG-Terminals nicht sowieso für „grüne“, klimaneutrale Gase? Nein, denn LNG-Terminals sind auf Erdgas spezialisiert. Eine Umrüstung auf beispielsweise Wasserstoff wäre sehr teuer und käme vermutlich einem teilweisen Neubau gleich (Mehr dazu in unserer Meldung vom Februar).

Ähnlich verhält es sich mit Ankündigungen über neue „Energie-Partnerschaften“. Wirtschaftsminister Robert Habeck bemühte sich in den letzten Wochen, LNG auf dem internationalen Markt einzukaufen. Parallel wurden auch Partnerschaften für den zukünftigen Handel mit Wasserstoff geschlossen. Doch der Eindruck, dass LNG nur für eine kurze Übergangszeit genutzt würde, bevor er von klimaneutralem Wasserstoff ersetzt wird, trügt.

Das zeigte sich beispielsweise nach Habecks Reise an den Persischen Golf vor einigen Wochen: Zwar wurden in den Vereinigten Arabischen Emiraten Wasserstoff-Projekte angekündigt. Bei diesen Projekten handelt es sich aber um kleine Pilotprojekte, die teils auch noch mit klimaschädlichem Wasserstoff aus Erdgas durchgeführt werden sollen. Mengenmäßig stehen sie in keinem Verhältnis zu den geplanten LNG-Lieferungen; mehr zu Habecks Einkaufstour erfahren sie hier.

Jetzt in langfristige Lösungen investieren!

Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus Russland hat Deutschland in eine gefährliche Lage gebracht. Es ist falsch, jetzt in neue fossile Abhängigkeiten zu investieren, die zur nächsten Krise beitragen. Dabei können Sofortmaßnahmen helfen, wie etwa der Einbaustopp neuer Öl- und Gasheizungen und eine beschleunigte Gebäudesanierung. Auch in der Industrie bestehen erhebliche Energiesparpotenziale, viele Unternehmen haben zum Beispiel betriebseigene Gas-Kraftwerke. So werden wir unabhängiger von Autokratien und begrenzen die Klimaerhitzung.

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