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Glyphosat im Prüfverfahren

Flaggen der EU wehen, spritzender Traktor

Das Wiederzulassungsverfahren für Glyphosat ist in vollem Gange.

(01.12.2021)  Die derzeit gültige Zulassung von Glyphosat auf EU-Ebene läuft im Dezember 2022 aus. Doch das Verfahren für die erneute Genehmigung des umstrittenen Ackergifts ist bereits im vollen Gange. Im Rahmen des Wiederzulassungsverfahrens gab es in den vergangenen Wochen die Möglichkeit, den Bewertungsbericht der Fachbehörden zu kommentieren. Das Umweltinstitut hat sich daran beteiligt und Beiträge bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht.

Rund 11.000 Seiten umfasst der Bewertungsbericht, der von nationalen Behörden aus Frankreich, Ungarn, den Niederlanden und Schweden auf Basis der von den Hersteller-Konzernen eingereichten Unterlagen für eine Wiederzulassung erstellt wurde.

Angesichts des anhaltenden Artensterbens, insbesondere bei Insekten, sowie den Auswirkungen von Glyphosat auf die menschliche Gesundheit ist eine weitere Zulassung des Totalherbizids nicht vertretbar. Doch nach wie vor wird den Studien der Hersteller-Konzerne deutlich mehr Berücksichtigung geschenkt als unabhängigen Untersuchungen. Offensichtlich fehlerhafte Hersteller-Studien werden herangezogen, um die Unbedenklichkeit von Glyphosat zu belegen. Dies ist nicht akzeptabel. Außerdem muss den indirekten Auswirkungen von Glyphosat auf die Umwelt eine viel höhere Relevanz beigemessen werden als das bisher der Fall ist. Diese Einschätzung haben wir im Rahmen der Konsultationsverfahren begründet und an die Behörden übermittelt.                      

Einige gute Gründe für ein Verbot

Glyphosat ist weltweit das am häufigsten eingesetzte Ackergift. Auch in Deutschland wird das Totalherbizid am meisten verkauft: Allein im Jahr 2020 waren es mehr als 3.700 Tonnen. Dabei hat die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation schon 2015 Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft und zahlreiche wissenschaftliche Studien liefern Nachweise für eine gesundheitsschädliche Wirkung von Glyphosat und glyphosathaltigen Pestiziden.

Gravierend sind auch die Auswirkungen des Ackergifts auf die Artenvielfalt, die etwa bei Insekten oder Vögeln oft indirekt und damit z. B. nicht direkt tödlich wirken. Solche indirekten Auswirkungen sind jedoch schwer zu erfassen und werden bei der Zulassung kaum berücksichtigt. Aufgrund des immensen Artensterbens muss ihnen jedoch besonders große Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Durch den Einsatz von Glyphosat und die damit verbundene Reduzierung blühender Wildkräuter wird das Nahrungsangebot für Insekten in ohnehin ausgeräumten Agrarlandschaften noch weiter eingeschränkt. Eine aktuelle Studie zeigt außerdem, auf welchem weiteren Weg Glyphosat Insekten schadet: Es kann symbiotische Bakterien hemmen, die für die Bildung des Exoskeletts einiger Arten notwendig sind. Auch pflanzenfressende Tiere leiden unter dem dramatischen Artensterben: Denn weniger Insekten bedeuten auch weniger Nahrung für Vögel und zahlreiche Kleinsäuger.

Die Vorgeschichte

Dass Glyphosat überhaupt noch erlaubt ist, ist dem skandalösen Alleingang des ehemaligen Agrarministers Christian Schmidt (CSU) zu verdanken: Als 2017 über die Wiederzulassung in der EU abgestimmt wurde, setzte er sich über eine Vereinbarung mit dem Umweltministerium hinweg und ordnete an, dass Deutschland mit „Ja“ stimmt. Nur so konnte die notwendige Mehrheit für die Wiederzulassung erreicht werden. Nun geht es erneut ums Ganze: Weitere 15 Jahre könnte Glyphosat in Europa erlaubt werden, wenn sich die Herstellerkonzerne durchsetzen.

Zwar verkündeten die Bundesministerien für Landwirtschaft und Umwelt kurz vor Ende der Legislaturperiode öffentlichkeitswirksam das Aus für Glyphosat in Deutschland bis 2024. Dies wird auch im neuen Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien nochmals bekräftigt. Trotzdem ist es keineswegs sicher, dass Glyphosat ab 2024 nicht mehr auf unseren Äckern landet (nach Auslaufen der Genehmigung 2022 gilt noch eine Übergangszeit, in der das Totalherbizid weiter verwendet werden darf). Denn das deutsche Glyphosat-Verbot ist eng an die Zulassung des Wirkstoffs auf EU-Ebene geknüpft. Sollte Glyphosat dort erneut zugelassen werden, besteht die Gefahr, dass es auch in Deutschland weiter ausgebracht werden wird. Die letzte Bundesregierung hat den Standpunkt vertreten, dass es einem EU-Mitgliedstaat rechtlich nicht möglich ist, ein Pestizid zu verbieten, das auf EU-Ebene zugelassen ist. Wie die designierte Ampel-Regierung dazu steht, ist noch unbekannt.

Dass es bei der nächsten Abstimmung unter den EU-Mitgliedstaaten keine Mehrheit für eine Wiederzulassung geben wird, ist derzeit keineswegs sicher. Glyphosat-Hersteller wie Bayer-Monsanto setzen alles daran, den Verkaufsschlager auf dem Markt zu halten. Und auch die Einschätzung der sogenannten Bewertungsgruppe für Glyphosat (Assessment Group of Glyphosate, AGG), die die für die Wiederzulassung eingereichten Unterlagen der Herstellerkonzerne bewertet hat, lässt alles andere als hoffen: Sie sieht keine Gründe, weshalb das Totalherbizid nicht auch weiterhin eingesetzt werden sollte.

Wir fordern von den Behörden, die schwerwiegenden Gründe, die gegen eine weitere Zulassung von Glyphosat sprechen, eingehend zu prüfen. Denn diese lassen nur einen Schluss zu: Glyphosat muss endlich verboten werden!

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