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Wasserstoff im Tank?

Symbolbild (Foto: malp | stock.adobe.com)

(1. September 2021) Die Brennstoffzelle galt jahrelang als Hoffnung für die Zukunft des Autos, heute spricht kaum noch jemand von ihr. Die Effizienz des Elektroantriebs schlägt die Brennstoffzelle beim PKW deutlich. Dennoch wird Wasserstoff häufig eine zentrale Rolle für die Energiewende zugemessen. Was hat es damit auf sich?

Für Armin Laschet scheint die Antriebsfrage beim PKW noch nicht entschieden. Als er vor wenigen Wochen Elon Musk traf, sorgte er nicht nur beim Tesla-Gründer mit seiner Aussage für Erheiterung, die Wissenschaft sei hierzu noch unentschieden. Denn die Physik liefert eindeutige Zahlen: Die Energieeffizienz des E-Antriebs liegt beim PKW bei 70 bis 80 Prozent, bei der Brennstoffzelle sind es lediglich 25 bis 35 Prozent. Wasserstoff-Antrieb für PKW? Nicht lohnenswert und damit außer Konkurrenz.

Wasserstoff für die Energiewende? Aus Sicht von Politik und Industrie weiterhin unverzichtbar! Eine Fülle an Problemen könnte mit Wasserstoff gelöst werden – so das Heilsversprechen: Mit Wasserstoff soll Stahl CO2-neutral produziert werden. Er soll der chemischen Industrie als Rohstoff dienen. Im Verkehrssektor soll er Schiffen, Zügen und LKW eine größere Reichweite ermöglichen, als mit Batterien möglich ist. Doch genau in dieser Fülle an Anwendungen liegt die Krux: Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Bedarf an Wasserstoff – vor allem für die Industrie – bis 2030 von aktuell 55 Terawattstunden (TWh) auf bis zu 110 TWh [1] steigen wird. Eine mögliche Verwendung von Wasserstoff im Verkehrssektor ist dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Erneuerbarer Wasserstoff in Hülle und Fülle – Woher?

Doch woher soll die benötigte Menge von 110 TWh klimaneutralen Wasserstoffs bis 2030 kommen? Aktuell wird der Großteil des Wasserstoffs noch unter Ausstoß von CO2 aus (fossilem) Erdgas erzeugt. Nicht einmal die gesamte installierte Windkraft-Leistung würde aktuell ausreichen um diese Menge an Wasserstoff aus erneuerbaren Energien zu erzeugen [2]. Ein Gedankenspiel, denn der Strom aus dem laufenden Windanlagenpark ist bereits verplant. Zudem kommt der Ausbau der Windkraft kaum voran. Für 2030 kalkuliert die Bundesregierung in ihrer nationalen Wasserstoffstrategie daher auch nur eine Produktion von 14 TWh Wasserstoff in Deutschland. Gesetzt wird vielmehr auf Wasserstoff-Importe.

Importe verlagern jedoch nur das Zubau-Problem: Denn auch Länder, in denen Photovoltaik, Wind- oder Wasserkraft höhere Erträge bringen, müssen zuerst ihren eigenen Strombedarf durch Erneuerbare decken, wenn sie ihre Klimaziele einhalten und klimaneutral werden wollen. Zudem wird für die Produktion von Wasserstoff Wasser benötigt. Gerade in sonnenreichen Gegenden, die für Photovoltaik besonders attraktiv sind, ist das jedoch oft eine Mangelware. Und auch der Transport des Wasserstoffs vom Ort der Produktion zum Ort des Verbrauchs verbucht negativ auf der Energiebilanz – insbesondere bei langen Distanzen. Durch eine starke Abhängigkeit von Wasserstoff-Importen drohen nicht zuletzt neue Abhängigkeiten von autoritär geführten Staaten zu entstehen, ähnlich wie das aktuell beim Erdöl der Fall ist.

„Blauer“ Wasserstoff: eine Scheinlösung

Einen scheinbaren Ausweg stellt sogenannter „blauer“ Wasserstoff dar: Dabei wird Wasserstoff aus Erdgas hergestellt. Das dabei anfallende CO2 soll abgeschieden und eingelagert werden. Da aber nie das gesamte CO2 abgetrennt werden kann, ist auch dieser Prozess nicht klimaneutral. Greenpeace Energy rechnet mit fünf bis sieben Kilogramm CO2-Emission pro erzeugtem Kilo „blauen“ Wasserstoffs. Die Einlagerung des abgetrennten Klimagases wird derzeit noch erprobt und macht die Methode teuer und unsicher: Sollte das CO2 später entweichen, könnte dies die Klimabilanz deutlich verschlechtern. So drohen durch blauen Wasserstoff schlussendlich höhere Treibhausgas-Emissionen anzufallen, als bei der Produktion von Wasserstoff aus Erdgas ohne CO2-Abscheidung.

Investitionen in blauen Wasserstoff verursachen dabei doppelt Schaden: Sie zementieren die Nutzung von fossilen Energieträgern und binden Ressourcen, sei es politische oder finanzielle, die für den Ausbau erneuerbarer Energiequellen dringend benötig werden.

Wasserstoff: Keine Wunderwaffe, aber wertvoller Rohstoff

Wasserstoff aus Strom aus erneuerbaren Energien („grüner“ Wasserstoff) bleibt also ein knappes Gut. Für viele chemische Prozesse ist er eine dringend benötigte Alternative zu fossilen Rohstoffen, beispielsweise in der Stahlproduktion. Um diese Bereiche der Industrie klimaneutral umzugestalten, ist ein massiver Ausbau erneuerbarer Stromquellen notwendig. Da Wasserstoff gut gespeichert werden kann, kann die Produktion aus nachhaltigem Strom auch dann erfolgen, wenn der Strombedarf niedrig ist und dadurch auch zu stabilen Netze beitragen. Dennoch ist Wasserstoff keine „Wunderwaffe“, ein einfach-weiter-so mit neuem Energieträger ist nicht möglich. Für eine klimagerechte Zukunft wird es daher auch einen sparsameren Umgang mit Ressourcen brauchen, beispielsweise durch strombetriebenen ÖPNV statt SUV mit Brennstoffzelle.

 

 

[1] Die Bundesregierung gibt den Wasserstoffbedarf in ihrer Strategie in TWh an, ein kg Wasserstoff hat einen Energiegehalt von 33kWh
[2] 2020 wurden in Deutschland zwar 132 TWh Strom durch Windräder erzeugt, aufgrund der Verluste bei Elektrolyse und Transport reicht dies allerdings nicht für die Produktion von 110 TWh Wasserstoff aus.

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