Sommer im Klima-Notstand

Bild: Joshua Stevens | NASA Earth Observatory
(14. Juli 2021) Hitzerekorde und Feuer in den USA und Kanada, Starkregen und Fluten in Deutschland. Der Klimawandel bricht sich weltweit mit Wetteranomalien Bahn – mahnende Vorboten einer ausufernden Klimakrise.
Die Berichte aus Nordamerika zeichnen ein surreales Inferno, nahezu einem Science-Fiction-Roman entsprungen: Hitzewellen mit Temperaturen bis 50 Grad haben im Nordwesten der USA und Kanadas hunderte Menschenleben gefordert. In Kanada wurden Notkühlzentren eingerichtet, da Klimaanlagen an vielen Orten fehlten, weil sie bisher nicht benötigt wurden. Insgesamt 300 Brände wüten derzeit in Kanada. Weitere 60 Brände melden US-Behörden im Gebiet von Alaska bis Wyoming. In Kanada löste die Hitze eine Schneeschmelze in den Bergen aus. Nun drohen Fluten.
Der Juni in Nordamerika war der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Ohne den Einfluss des Klimawandels wäre die Hitzewelle »nahezu unmöglich« gewesen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie einer internationalen Forschungsgruppe. Der bisherige Temperaturrekord Kanadas – 45 Grad Celsius – wurde um fast fünf Grad(!) überschritten. Neuer Höchstwert nun 49,5 Grad.
Während Nordamerika mit der Hitze kämpft, sind viele Regionen Deutschlands derzeit anhaltendem Starkregen und Gewittern ausgesetzt. Nach der Dürre der letzten Jahre eine Hoffnung für Wälder und Böden. Doch das Ausmaß der Regenfälle ist ungewöhnlich. Im Juni fielen mehr Niederschläge als im langjährigen Mittel und führten lokal zu Überflutungen und stellenweise Jahrhunderthochwassern. Auch der Juli bleibt feucht mit extrem ergiebigem Dauerregen und einem erhöhten Unwetterpotential – Meteorolog:innen sehen teils auch eine Tornadogefahr. Für Gebiete im Schwarzwald und in der Eifel werden in kurzer Zeit Niederschlagsmengen bis zu 220 Liter Regen pro Quadratmeter erwartet.
Verantwortlich für die ungewöhnliche Regensaison in Deutschland wie auch die Hitze in Nordamerika sind Ausbuchtungen im globalen Jetstream, die zu konstanten Wetterlagen führen – in Nordamerika das Phänomen der sogenannten Hitzekuppel (Heat Dome), bei der sich die Wärme wie eine Glocke über das Land legt. Ursprünglich eine Seltenheit, die Wissenschaftler:innen zufolge nur alle 1000 Jahre auftritt, aber aufgrund des Klimawandels nun wohl häufiger zu erwarten ist. Auch für den Hitzesommer in Mitteleuropa im Jahr 2003 war eine derartige Wetterlage ursächlich. Das Wetter in Deutschland hingegen scheint aktuell zunehmend von einem sogenannten Tiefdrucktrog bestimmt, bei dem das Land permanent in der Zugbahn von Tiefausläufern liegt. 2002 brachte eine derartige Wetterlage das Jahrhunderthochwasser an die Elbe.
In der Klimaforschung besteht schon seit längerem die Hypothese, dass die Erderwärmung derartige Schleifen des Jetstreams begünstigt und der Luftstrom so langsamer wird. Mit den aktuellen Wetterereignissen erhält die Hypothese neues Futter. Klimaforscher:innen halten beständige Hochdruckgebiete, die Hitzewellen bringen auch in Europa für ein häufiger und intensiver auftretendes Phänomen, dass bereits in näherer Zukunft temporär Temperaturen deutlich über 40 Grad mit sich bringen wird. Insbesondere der Mittelmeerraum ist dabei von ähnlichen Szenarien wie derzeit in Nordwestamerika bedroht. Und auch Starkniederschläge werden infolge konstanter Tiefdruckwetterlagen weiter zunehmen.
Für Ende Juli prognostizieren Meteorolog:innen übrigens den Beginn eines anhaltenden Hitze-Sommers in Deutschland. Grund auch hier: der Jetstream. Die Zeichen sind klar und deutlich: Die Klimakrise befeuert Extremwetter. Zeit dagegenzusteuern und eine ungebremste Verschärfung zu vermeiden.
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