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Kohleausstieg München: Und es geht doch!

(20. Oktober 2021) Genau vier Jahre ist es her, als sich das Ringen in den Koalitionsverhandlungen um mehr oder weniger Klimaschutz auf ein Thema konzentrierte: den Kohleausstieg. Die FDP verhinderte damals eine ambitionierte Regierungsentscheidung für den Verzicht auf das schwarze Gift, Klimaschützer:innen in ganz Deutschland waren verzweifelt. In München jedoch hatte sich bereits zwei Jahre vorher eine Bürgerinitiative formiert, um den Kohleausstieg vor Ort selbst in die Hand zu nehmen. Mit direkter Demokratie wollte die von uns unterstützte Initiative erreichen, dass das Kohlekraftwerk der Stadtwerke schon 2022 statt wie ursprünglich geplant erst 2035 abgeschaltet wird. Kurz bevor die FDP Ende November 2017 die Sondierungen abbrach, stimmten die Münchner:innen darüber ab. Das Ergebnis: Die Mehrheit befürwortet den schnellen Kohleausstieg.

Stadtwerke haben Umsetzung des Bürgerentscheids lange verschleppt

Doch im Gegensatz zu ähnlichen Fällen andernorts, wo Stadt und Stadtwerke eine solche Entscheidung der Bürger:innen akzeptieren und sich daran machen, sie umzusetzen, schalteten die Stadtwerke München auf stur. Mit immer neuen Begründungen hielten sie an der Behauptung fest, den geforderten Kohleausstieg nicht realisieren zu können. Das Kohlekraftwerk auf Befeuerung mit Gas umzurüsten sei technisch nicht möglich, der vorübergehende Aufbau von Heizwerken in Kombination mit einem minimalen Einsatz des Kohlekraftwerks als Stromreserve für die Bundesnetzagentur ebenfalls nicht.

Der Ausbau von erneuerbaren Kapazitäten, hauptsächlich Tiefengeothermie, wiederum braucht mehr Zeit und wird 2022 nicht im benötigten Umfang zur Verfügung stehen. Auch müssen die Wärmenetze dafür auf niedrigere Vorlauftemperaturen eingestellt werden. Diesen Umbau schieben die Stadtwerke aber immer wieder in die Zukunft.

Erster Erfolg 2019: nur noch halb so viel Kohle verbrannt

Als Reaktion auf die anhaltende Weigerung der Stadtwerke, Maßnahmen für die Abschaltung des Kohlekraftwerks im Jahr 2022 einzuleiten, starteten wir 2019 im Verbund mit anderen lokalen Organisationen und Gruppen mehrere Protestaktionen. Gemeinsam mit Green City beauftragten wir das renommierte Öko-Institut mit einem Gutachten. Damit erreichten wir schließlich einen Stadtratsbeschluss: Die Stadtwerke dürfen seit 2020 nur noch halb so viel Kohle in ihrem Kraftwerk verbrennen. Dadurch werden jährlich 850.000 Tonnen CO2 eingespart.

Beharrlicher Protest zahlt sich aus: Kohleausstieg soll doch 2022 kommen!

Nun hat genau diese durch zivilgesellschaftlichen Protest erwirkte Maßnahme dazu geführt, dass der Komplettausstieg aus der Kohle 2022 doch kommen soll. So haben die Stadtwerke verlauten lassen, das Kraftwerk vertrage den deutlich geringeren Kohleeinsatz im Ofen nicht. Dadurch motiviert haben sie aber nun erneut die Umrüstung des Kraftwerks auf Gas geprüft – die nun doch mit erträglichem Aufwand zu schaffen sei. Außerdem sei die Gasanbindung am Standort des Kraftwerks erst jetzt so gesichert, dass kein Risiko von Versorgungsengpässen bestehe. Die Stadtregierung hat daraufhin einen Prüfauftrag erteilt, dessen positives Ergebnis zwar noch nicht sicher, nach den Aussagen der Stadtwerke aber höchstwahrscheinlich ist. Nach positiv abgeschlossener Prüfung peilen die Stadtwerke eine Beendigung des Kohleeinsatzes Ende 2022 an.

Die echte Wärmewende setzt auf erneuerbare Energien

Das ist sehr erfreulich und zeigt: Mit direkter Demokratie und beharrlichem bürgerschaftlichen Engagement können wir die Klimawende in den Städten und Gemeinden vorantreiben! Einen negativen Beigeschmack hat das Ganze trotzdem. Denn es bleibt die Frage, ob das alles nicht schon viel früher und mit weniger Druck und Aufwand von Seiten der Bürger:innen möglich gewesen wäre. Für uns ist in jedem Fall klar: Der technisch mögliche schnelle Kohleausstieg muss jetzt umgesetzt werden und darf nicht aus finanziellen Gründen weiter verzögert werden! Gleichzeitig ist die Umrüstung auf Gas nur ein Zwischenschritt. Die Umstellung der gesamten Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien muss schnellstmöglich vorangetrieben und – im Einklang mit dem von uns 2019 erwirkten Stadtratsbeschluss – bis 2035 abgeschlossen werden.

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