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Das ist der Hammer: EuGH erklärt Schiedsverfahren im Rahmen des Energiecharta-Vertrags für illegal

Hammer-Urteil gegen Schiedsgerichte

(08.09.2021) Nach dem historischen Achmea-Urteil legte der EuGH am 2. September nach: Schiedsverfahren auf Grundlage der Energiecharta sind innerhalb der EU illegal!

Seit Jahren herrscht in der EU ein juristischer und politischer Streit über Schiedsverfahren, die von europäischen Investoren genutzt werden, um Mitgliedsstaaten der EU zu verklagen. Dabei geht es etwa um die Liberalisierung des Gesundheitssystems der Slowakei, den Kohleausstieg in den Niederlanden oder den Atomausstieg in Deutschland. In all diesen Fällen entschieden sich europäische Investoren dafür, die Staaten vor privaten Schiedsgerichten zu verklagen, weil sie ihre Gewinne durch neue gesetzliche Regelungen beinträchtigt sahen. Die Gründe, warum Investoren private Schiedsgerichte regulären Gerichten vorziehen, liegen auf der Hand: Mehr Schadensersatz und weniger Transparenz für die Öffentlichkeit während des Verfahrens. Doch diesem Spiel schiebt der Europäische Gerichtshof nun für den Energiesektor einen Riegel vor.

Die Geschichte

Sie fragen sich vielleicht: Sind solche Verfahren überhaupt mit dem EU-Recht vereinbar? Schließlich haben wir in der EU ein funktionierendes und für jede:n zugängliches Rechtssystem! In seinem Urteil vom März 2018 stellte der Europäische Gerichtshof fest, dass bilaterale Investitionsschutzabkommen innerhalb der EU-Staaten nicht mit dem EU-Recht vereinbar sind (Achmea-Urteil). Demnach seien nationale Gerichte, sowie der EuGH selbst für Streitigkeiten zwischen Unternehmen und Staaten innerhalb der EU zuständig und keine privaten Schiedsgerichte. So die Urteilsbegründung aus 2018.

Das war das erste wichtige Urteil. Letzte Woche folgte das zweite.

Ein großartiges Urteil!

Denn Investoren nutzen nicht nur bilaterale Investitionsschutzabkommen innerhalb der EU um Staaten zu verklagen. Sondern vor allem auch die Energiecharta, oder besser: „Das Anti-Klima-Abkommen“.

So verklagte der ukrainische Energiekonzern LLC Komstroy die Republik Moldau wegen möglicher entgangener Gewinne auf Grundlage der Energiecharta vor einem privaten Schiedsgericht. Dieses verurteilte das Land zu 46,5 Millionen US-Dollar. Dagegen wehrte sich die Republik Moldau und zog 2019 vor den Europäischen Gerichtshof. Dieser gab ihr nun diese Woche recht. Der Gerichtshof stellte klar:Schiedsverfahren unter der Energiecharta sind zwischen Investor:innen und Mitgliedstaaten der Europäischen Union illegal!

Mit diesem Urteil entzieht der EuGH 2/3 aller Schiedsverfahren unter der Energiecharta die Grundlage. Nur ein Haken hat die Sache: Die Energiecharta bietet keinerlei Schutz gegen Klagen durch Briefkastenfirmen, welche für viele Klagen verantwortlich sind. Investor:innen könnten sich demnach theoretisch umstrukturieren und dann über Briefkastenfirmen weiterklagen. Ein Grund mehr, um endlich aus der Energiecharta auszusteigen!

Schade für RWE und Uniper - gut für's Klima!

Noch vor wenigen Wochen berichteten wir über die Klagen von RWE und Uniper gegen den Kohleausstieg in den Niederlanden. Genau diesen Verfahren wurde jetzt die rechtliche Grundlage entzogen. Zwar können die Schiedsgerichte das Urteil einfach ignorieren (was sie im Regelfall tun), aber eine Vollstreckung kann innerhalb der EU nun nicht mehr stattfinden. Das heißt, die niederländische Regierung darf ungestraft die Energiewende voranbringen.

So paradox die Formulierung ist, so wahr ist sie leider auch. Denn noch immer müssen auf der ganzen Welt Regierungen mit millionenschweren Klagen auf Grundlage der Energiecharta rechnen, wenn sie Klimaschutz betreiben wollen.

Raus aus dem Anti-Klima-Abkommen!

Erst vor wenigen Wochen ist die fünfte Verhandlungsrunde zur Modernisierung der Energiecharta gescheitert. Jetzt urteilt der Europäische Gerichtshof, dass 2/3 aller Verfahren durch den ECT illegal sind. Wir fordern deshalb von den EU-Mitgliedstaaten: Steigen Sie bis zur Welt-Klimakonferenz im Herbst aus dem Anti-Klima-Abkommen aus und dafür endlich richtig in die Energiewende ein!

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