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Kohlegesetz: Milliarden für die Kohlekonzerne

© Kevin McElvaney/Greenpeace

© Kevin McElvaney/Greenpeace. Herzlichen Dank für die Nutzungsgenehmigung.

(06.07.2020) Die große Koalition verabschiedet ein Kohlegesetz, das wenig Klimaschutz für sehr viel Geld erkauft. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Spanien: Fast zeitgleich wird die Hälfte aller Kohlekraftwerke in Spanien entschädigungslos „eingemottet“. Dies zeigt, wie wirtschaftliche Dynamiken in den nächsten Jahren auch den deutschen Kohleausstieg rapide beschleunigen könnten. Die Geldgeschenke der Bundesregierung hingegen helfen vielleicht den Kohlekonzernen, nicht aber dem Klima.

Am 3. Juli 2020 verabschiedete die Bundesregierung ihr Kohlegesetz. Das Gesetz besiegelt zwar den Kohleaussteig in Deutschland, schiebt ihn aber gleichzeitig auf die lange Bank. Denn es ermöglicht die Laufzeit zahlreicher klimaschädlicher Kohlekraftwerke bis 2038. Auch viele Dörfer sollen noch für die Braunkohle abgebaggert und ihre BewohnerInnen umgesiedelt werden. Trotz umfangreichen Wissens über die Gefahren des Klimawandels entschied sich die Regierung damit gegen das Pariser Klimaabkommen, gegen die vor Ort vom Kohletagebau betroffenen Menschen und für Geschenke – in Form milliardenschwerer Entschädigungszahlungen – an die Kohlekonzerne.

Spanien setzt auf Erneuerbare

Doch die großzügige Vergoldung von Kraftwerksstilllegungen ist keineswegs eine unumgängliche Notwendigkeit. Das Beispiel Spaniens zeigt, wie ein Kohleausstieg auch ohne Entschädigungszahlungen für die Konzerne möglich ist. Denn in Spanien wie auch europaweit steht die Kohle unter immensem wirtschaftlichem Druck. Der Ausbau der Erneuerbaren, fallende Gaspreise, teurer werdende CO2-Zertifikate und schärfere Schadstoffregularien der EU machen Kohlekraftwerke immer unrentabler. Diese wirtschaftlichen Risiken und das klare politisches Bekenntnis der spanischen Regierung zu 100 Prozent Erneuerbaren Energien bis 2050 hat zur Folge, dass die Energiekonzerne in Spanien von sich aus den Umstieg auf alternative Energieträger planen – und dies, ohne auf Entschädigungen zu pochen. Bis 2025 wird der Kohleausstieg aller Voraussicht nach abgeschlossen sein.

Deutschland ist bezüglich der wirtschaftlichen Risiken für Kohlekonzerne keine Ausnahme, wie eine kürzlich vom Öko-Institut veröffentlichte Studie deutlich macht. Schon seit zwei Jahren kann demnach selbst manch jüngeres Braunkohlekraftwerk die Tagebaukosten nicht mehr voll decken – eine Entwicklung, die sich in den nächsten Jahren noch verschärfen dürfte. Zahlreiche Steinkohlekraftwerke wurden bereits aus mangelnder Wirtschaftlichkeit in die Notreserve verbannt. Ein Trend, der sich durch die geringere Nachfrage in der Coronakrise nochmals verstärkt hat. Doch anstatt die Transformation weg von der Kohle frühzeitig und eigenständig anzugehen, haben die Energiekonzerne in Deutschland die Wende verschlafen. ExpertInnen sehen darin ein gewieftes Kalkül: Einige Kraftwerke seien nur deshalb weiterbetrieben worden, weil die Betreiber im Zuge des Kohleausstiegs auf Entschädigungszahlungen hofften. Und ihre Hoffnung wurde nicht enttäuscht.

Deutschlands unrühmliches Vorbild

4,4 Milliarden Euro sollen die Kohlekonzerne nun für den Ausstieg aus der Kohle erhalten. Eine Summe, die angesichts der wirtschaftlichen Situation der Kohle keineswegs angemessen ist. Laut einer jüngst erschienenen Studie des Öko-Instituts handelt es sich bei bis zu 3,6 Milliarden Euro, die die Bundesregierung den Kohlebetreibern in Aussicht stellt, um nicht sachgerecht ermittelte Entschädigungen. Die Bundesregierung kauft wenig Klimaschutz für sehr viel Geld. Das Fatale dabei: Der teure und viel zu späte Kohleausstieg Deutschlands droht zu einer Entschuldigung für Länder zu werden, deren Ausstieg noch bevorsteht - wie beispielsweise Polen. Wenn Deutschland erst 2038 aussteigt, dann könnten auch sie sich Zeit lassen.

Unser Versprechen: Wir bleiben dran!

Noch besteht Hoffnung, zumindest einige Details des Kohledeals der Bundesregierung zum Besseren zu wenden. Die öffentlich-rechtlichen Verträge, die unter anderem die überhöhten Entschädigungssummen enthalten, sollen erst im Herbst unterzeichnet werden. Bis dahin werden wir weiter Druck machen und gleichzeitig zusätzliche Ansatzpunkte für Protest ausloten: Höhere CO2-Preise und ein ambitionierter Ausbau der Erneuerbaren könnten schon bald viele Kraftwerke unrentabel machen und genau wie in Spanien zu vorzeitigen Stilllegungen führen. Selbst eine Überarbeitung des Kohleausstieggesetzes durch eine zukünftige, dem Klimaschutz mehr zugeneigte Regierung wäre noch denkbar: Gegebenenfalls drohende Entschädigungen für Kohlekonzerne wären am Ende gesamtgesellschaftlich gesehen noch immer günstiger als die Folgen der durch die Kohle befeuerten Erderwärmung.

David Dresen vom „Bündnis Alle Dörfer bleiben“ hat völlig recht, wenn er feststellt: „Die Wissenschaft ist eindeutig: Wenn Deutschland seine Klimaziele einhalten will, muss die Kohle unter unseren Dörfern im Boden bleiben. Aber nicht nur das: Diese Kohle wird überhaupt nicht mehr benötigt, um die Energieversorgung Deutschlands zu sichern. Unsere Häuser abzubaggern, ist also nicht nur verdammt klimaschädlich, sondern darüber hinaus auch völlig nutzlos.“ Gemeinsam mit vielen anderen Organisationen, Menschen und Bündnissen werden wir weiter um jedes Haus, jeden Wald und jedes Dorf kämpfen.

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