Kein Grad weiter!

(Foto: Jacques Poulard/ Comedy wildlife photography awards 2020 finisher)
(21. September 2020) Es ist ein Inferno: An der US-Westküste steht eine Rekordfläche in Flammen. In der Arktis schreitet die Eisschmelze in ungekanntem Tempo voran. Und in Deutschland leiden die Böden unter einer schweren Dürre. Aus Statistiken und Prognosen zur Klimakrise werden derzeit weltweit Feuer, Dürren und Fluten. Die Klimakrise offenbart sich als ein Ausnahmezustand. Doch welche Schlüsse ziehen wir daraus?
Viele sehnen sich in der aktuellen Pandemie zurück nach der gesellschaftlichen Normalität vor Corona. Die Beschränkungen des sozialen Lebens sind eine Bürde. Doch angesichts der Möglichkeit einer Impfstoffentwicklung gibt es Grund zur Hoffnung: Früher oder später werden wir wieder unser gewohntes Leben zurückgewinnen oder uns diesem zumindest annähern. Die sozialen Einschränkungen der Pandemie – ein temporäres Intermezzo.
Anders die Erderhitzung. Auch sie schafft derzeit eine weltweit spürbare neue Normalität: die Waldbrände ungekannten Ausmaßes in Kalifornien, Oregon und Washington, die teils mit sogenannten "Firenados" einhergehen (Feuerstürme, Tornados im Brandgebiet), die Dürre und Trockenheit (auch in Deutschland), die Sturmfluten, die Rekordschmelzen in Grönland und der Antarktis, die Moorbrände in der Arktis oder der Rückzug des arktischen Meereises – es braucht eine gehörige Portion Ignoranz, das Ausmaß der klimatischen Veränderungen zu übersehen. Doch gegenüber der aktuellen Pandemie verspricht kein Impfstoff Sicherheit vor der Klimakrise. Die Erhitzung der Erde ist in vollem Gange – und zu einem Teil bereits auf lange Sicht irreversibel. Beim Klima steht fest:
Heute geht es darum noch größeren Schaden abzuwenden. Die Klimakrise darf nicht unberechenbar werden. Wenn Kipppunkte überschritten werden – sei es beim Abschmelzen des Grönländischen Eissschilds oder der Freisetzung von Unmengen an Methan und Kohlendioxid durch Abtauen von Permafrostböden –, werden Klimaveränderungen unumkehrbar. Angesichts dieses drohenden klimatischen Ausnahmezustands gibt es allen Grund dazu, dass wir unsere gesellschaftliche Normalität, unsere Selbstverständlichkeiten hinterfragen: Neben Lebensstiländerung müssen wir uns jetzt aktivieren und organisieren. Andernfalls wird die Klimakrise zum Klimachaos.
Ob es mit dem Klimaschutz klappt ist zunächst abhängig von den gültigen Regeln und Gesetzen – anders gesagt: von einem wirkungsvollen politischen Rahmen. Erst an zweiter Stelle kommt das individuelle Verhalten. Auf Klimakiller wie Flugreisen, Kreuzfahrten, Fleischkonsum oder SUV können wir als Einzelne leicht verzichten. Doch ob wir es im städtischen Verkehr wagen können aufs Rad zu steigen ohne unsere körperliche Unversehrtheit zu riskieren, ob wir in ländlichen Regionen überhaupt aufs Auto verzichten können oder aber ob Kohlekonzerne weiter legal Dörfer abreißen und Landschaften verheizen dürfen, all das hängt davon ab, wie Rahmenbedingungen gestaltet werden – sei es rechtlich, politisch oder materiell.
Seien wir also souverän. Versetzen wir uns endlich in den nötigen Ausnahmezustand. Es ist an der Zeit, dass wir uns organisieren, dass wir Druck entfalten und den nötigen Wandel einleiten: hin zu Klimaschutz und Klimagerechtigkeit.
Weiterlesen:
Twitter-Kanal @Klimakrise: Ein Nachschlagewerk zu schon heute beobachtbaren Folgen der Erderhitzung.
Der SPIEGEL, 16.9.2020: „Klimakrise: Die Katastrophe ist da...“
This isn’t because “2020 sucks”, it’s because of climate change and the fossil fuel industry, who knew for decades the damage they would cause, but decided to destroy life on earth because it made them rich. This isn’t a “2020 is a bad year” thing, this will continue to worsen.
— Jamie Margolin (@Jamie_Margolin) September 10, 2020
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