EU-Parlament verschärft Klimaziele

(Foto: Jordiferrer | wikimedia commons | CC-BY-SA-4.0)
(13.10.2020) Am letzten Donnerstag hat das EU-Parlament das europäische Klimagesetz mit einer knappen Mehrheit gegen Union, FDP und AfD deutlich verschärft. Es beschloss, das europäische Klimaziel für 2030 auf 60 Prozent weniger Emissionen im Vergleich zu 1990 anzuheben – statt den aktuell geltenden 40 Prozent Emissionsminderung.
Die EU-Kommission hatte zuvor vorgeschlagen, den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2030 lediglich um 55 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu senken. Das ist ein großer Erfolg fürs Klima! Mit dem Beschluss des Parlaments ist das neue Klimagesetz allerdings noch nicht amtlich, denn auch der Ministerrat der Mitgliedsländer muss seine Zustimmung geben. Unter den Mitgliedstaaten zeichnet sich momentan eine Mehrheit für ein Klimaziel von lediglich 55 Prozent ab. Die Entscheidung wird voraussichtlich beim EU-Gipfel im Dezember fallen.
Ebenfalls bahnbrechend ist der Beschluss des Parlaments, dass ab 2025 keine direkten und indirekten Subventionen für Kohle, Öl und Gas mehr gezahlt werden dürfen. Bisher sind es jährlich 137 Milliarden Euro, die in die Förderung der klimaschädlichen Energien fließen. Stimmen die Umweltminister:innen der Mitgliedsländer der Abschaffung der Subventionen zu, so dürften zum Beispiel Dieselfahrzeuge künftig nicht mehr günstiger sein als Benziner, mit der Steuerbefreiung des Flugzeugtreibstoffs Kerosin wäre Schluss und Begünstigungen für Dienstwagen mit Verbrennungsmotor müssten wegfallen.
Außerdem soll die Kommission bis Ende 2021 ein CO2-Budget vorlegen, das beschreibt, wie viele Tonnen an Emissionen noch zulässig sind, um das angestrebte Ziel von Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 nicht zu gefährden. Einen weiteren Beitrag dazu, auf Basis von wissenschaftlichen Fakten die notwendigen politischen Maßnahmen einzuleiten, soll ab Mitte 2022 ein unabhängiger europäischer Klimarat leisten, der von der EU-Kommission einberufen werden soll. Seine Aufgabe wäre es, die Pfade der EU zur Klimaneutralität zu überprüfen, die Kosten des Nichthandels zu beziffern und der Kommission jedes Jahr Vorschläge für ihr Handeln zu machen.
Schließlich versteckt sich in den Beschlüssen auch noch ein kurzer Satz, der über kurz oder lang große Wirkung entfalten könnte: „Im Zusammenhang mit der Modernisierung der Energiecharta beendet die Union die Förderung von Investitionen in fossile Brennstoffe.“ Das könnte zur Folge haben, dass künftig Konzernklagen vor Schiedsgerichten aufgrund nationaler Beschlüsse zum Ausstieg aus Kohle oder Gas keine Chance mehr haben. Dies ist auch ein großartiger Erfolg unserer jahrelangen Kritik an der Energiecharta.
Gedämpft werden diese positiven Nachrichten lediglich durch einen Passus im EU-Parlamentsbeschluss für den „Fonds für einen gerechten Übergang“. Demnach soll besonders betroffenen Gebieten, wie etwa Kohleregionen, bis 2027 der Übergang in eine nachhaltige Energiewirtschaft erleichtert werden. Subventionen für Investitionen in Erneuerbare Energien, in Energieeffizienz, aber – und das ist der Streitpunkt – auch in Gas-Infrastruktur sind dabei vom Parlament gewünscht. Damit droht ein neuer fossiler Lock-in-Effekt, denn die Klimabilanz von Gas ist ähnlich miserabel wie die von Kohle: Bei der Förderung oder beim Transport von Gas treten häufig Lecks auf, durch die das besonders klimawirksame Methan in die Atmosphäre gelangt. Subventionen für Gas-Infrastruktur müssen auch in Übergangsregionen kategorisch ausgeschlossen werden, denn sonst blockieren sie den Umstieg auf ein erneuerbares Energiesystem über Jahrzehnte.
Im nächsten Schritt der EU-Gesetzgebung gehen die Parlamentsbeschlüsse in den sogenannten Trilog zwischen Vertreter:innen der EU-Kommission, des EU-Parlamentes und des Rates der Europäischen Union. Deutschland hat aktuell die EU-Ratspräsidentschaft inne. Es liegt nun also vor allem an Bundeskanzlerin Merkel und Umweltministerin Schulze, sich für die Beschlüsse des Parlaments zu schärferen Klimazielen stark zu machen, und der Beendigung von fossilen Subventionen zu beschleunigen.
Noch unter deutscher Ratspräsidentschaft muss das Klimagesetz beschlossen werden!
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