Radioaktive Freisetzung am Garchinger Reaktor
Forschungsreaktor FRM II in Garching mit "Atomei" - Foto: wikimedia commons
(18.5.2020) Am Garchinger Forschungsreaktor FRM II wurde im März und April Radioaktivität freigesetzt. Dabei wurde der Jahresgrenzwert für das Kohlenstoffisotop C-14 um 15 Prozent überschritten. Dies meldete die Betreiberin, die TU München der Aufsichtsbehörde, dem bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz am 14. Mai – mehrere Wochen nach dem Zwischenfall.
Bei Trocknungsarbeiten an sogenannten Ionenaustauscherharzen sei versäumt worden, eine CO2 Abscheideeinheit anzuschalten, sodass das C-14 ungehindert in die Abluft gelangte. Schon der Emissionswert für das erste Quartal war vermutlich aus diesem Grund bedenklich hoch ausgefallen. Die nun erfolgte Strahlenbelastung liegt nach Angaben der TU bei maximal 3 Mikrosievert im Jahr und sei beschränkt auf die nähere Umgebung des Reaktors. Wir fordern die Aufsichtsbehörde auf, die Daten und die Berechnung offenzulegen und damit einer unabhängigen Überprüfung zugänglich zu machen.
Das Kohlenstoffisotop C-14 ist ein schwacher (also niederenergetischer) Beta-Strahler, dessen Nachweis mit Aufwand verbunden ist. Er wird nicht kontinuierlich in der Abluft gemessen. Stattdessen werden Proben über längere Zeiträume gesammelt und im Labor ausgewertet. Die Auswertung erfolgt hausintern und durch das Bundesamt für Strahlenschutz und veranschlagt 14 Tage. Eigentlich hätten die Kontrollen monatlich stattfinden müssen. Die TU ist hier offenbar auf einen vierteljährlichen Rhythmus zurückgefallen. Da die Werte für das erste Quartal übermäßig hoch waren, wurde das nächste Mal Ende April ausgewertet. Zum Zeitpunkt der Meldung am 14. Mai waren somit die Arbeiten, die zur C-14 Emission führten längst abgeschlossen. Die gegenwärtig langen Kontrollintervalle reichen offenbar nicht aus, um die Emissionen frühzeitig zu erkennen und einzugreifen. Hier haben sowohl Betreiberin, als auch Aufsichtsbehörde versagt.
Zwar betreibt das Landesamt für Umwelt auf dem Reaktorgelände eigene Messstationen für die Umgebungsradioaktivität, deren Messwerte kurzzeitig öffentlich einsehbar sind. Diese Geräte sind aber auf C-14 nicht sensibel. Die C-14 Messungen werden von der Reaktorbetreiberin selbst durchgeführt – unter Kontrolle des Bundesamtes für Strahlenschutz.
Auch mit unserer Messstation am Umweltinstitut in München können wir zwar Gammastrahlung detektieren, wie sie zum Beispiel bei Reaktorunfällen zu erwarten ist, aber ein Labor zum Nachweis schwacher Betastrahler wie Tritium und C-14 können wir leider nicht betreiben.
Daher fordern wir Transparenz bezüglich der tatsächlich erfolgten Strahlenbelastung. Nach Angaben der TU München liegt diese bei maximal 3 Mikrosievert und beschränkt sich auf die nähere Umgebung des Reaktors. Wir fordern die Bayerische Staatsregierung auf, die Ihnen vorliegenden Messwerte sowie die Berechnungsgrundlage für die Strahlenbelastung zu prüfen und offenzulegen.
Momentan läuft der Reaktor wegen der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie ohnehin nicht. Radioaktivität trat im stillgelegten Reaktor bei Trocknungsarbeiten an sogenannten Ionenaustauschharzen auf, welche zur Reinigung des Wassers im Reaktorbecken eingesetzt werden. Da ein Jahresgrenzwert für Emissionen überschritten wurde, dürfen entsprechende Tätigkeiten eigentlich in diesem Jahr nicht mehr ausgeführt werden. Die Entscheidung, ob der Reaktor dennoch wieder anlaufen darf, trifft die Aufsichtsbehörde, das Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.
Das Umweltinstitut fordert ohnehin die Stilllegung des Reaktors, da der Betrieb mit hoch angereichertem Uran seit 2011 illegal ist. Dies konnten wir im letzten Sommer mit einem Rechtsgutachten von Rechtsanwältin Ziehm belegen. In der Betriebsgenehmigung von 2003 hatten die Genehmigungsbehörden den Betrieb des FRM II nur unter der Bedingung erlaubt, dass bis Ende 2010 der Uran-235-Anreicherugsgrad in den Brennelementen auf unter 50 Prozent gesenkt wird. Dies war bereits ein Kompromiss, denn schon über 20 Prozent mit Uran-235 angereichertes Uran gilt als atomwaffenfähig. Um die Verbreitung – und damit die Möglichkeit des Missbrauchs – zu minimieren, wäre ein gänzlicher Verzicht auf atomwaffenfähiges Material nötig. Juristisch ist die Maßgabe zur Umrüstung als wesentliche Inhaltsbestimmung einzustufen. Wird diese nicht erfüllt, so erlischt die Genehmigung. Eine Neuauflage der Genehmigung unter Abwägung des Forschungsinteresses gegen die Gefahren durch atomwaffenfähiges Material und Radioaktivität ist aber bis heute nicht erfolgt.
Fordern Sie mit der Aktion „Kein Spiel mit der Bombe, Herr Söder“ die Bayerische Regierung auf, waffenfähigem Uran eine Absage zu erteilen! Bis der Reaktor abgerüstet ist und die schon vorhandenen rund 300 Kilogramm waffenfähiger Atommüll vor Ort verdünnt und damit entschärft sind, muss der Betrieb des FRM II untersagt werden.
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