Weltklimarat fordert Kehrtwende in der Agrarpolitik
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(08.08.2019) Ohne Agrarwende kein Klimaschutz und ohne Klimaschutz keine nachhaltige Landwirtschaft – das ist die Kernbotschaft des neuen Sonderberichts des Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change).107 WissenschaftlerInnen aus 52 Ländern arbeiteten an dem Spezialbericht, der die Wechselwirkungen von Klimawandel und Landnutzung in den Fokus nimmt. Die ForscherInnen kommen zu dem Ergebnis: Ohne eine weltweite Agrarwende ist auch die globale Klimakrise nicht in den Griff zu bekommen.
Der wichtigste Grund dafür: Die Land- und Forstwirtschaft ist für fast ein Viertel aller klimaschädlichen Treibhausgase verantwortlich. Als Hauptschuldiger kann die industrielle Massentierhaltung ausgemacht werden: In Europa kommen 61 Prozent der landwirtschaftlichen Emissionen aus der Tierhaltung; die restlichen 38 Prozent sind auf intensive Bodennutzung und Düngemittel-Einsatz zurückzuführen. Dazu kommt die Waldzerstörung: Für die Holzproduktion und um Flächen landwirtschaftlich nutzbar zu machen, werden massiv Wälder gerodet und mit ihnen einer der wichtigsten CO2-Speicher unserer Erde. Gleichzeitig muss die Weltbevölkerung es schaffen, bis zur Mitte des Jahrhunderts die vom Menschen verursachten CO2-Emissionen auf Netto-Null zu fahren – wenn das 1,5°-Ziel von Paris eingehalten werden soll. Ohne einen radikalen Wandel in Landwirtschaft ist dieses Ziel nicht zu erreichen.
Doch nicht nur das Klima ist auf die Agrarwende angewiesen. Andersherum gilt ebenso: Ohne konsequenten Klimaschutz wird sich keine nachhaltige Landwirtschaft verwirklichen lassen. Weiter noch: Gelingt es uns nicht, die globale Erwärmung einzudämmen, bedroht dies auch die Versorgung der Weltbevölkerung mit Lebensmitteln: 70 Prozent der eisfreien Erdoberfläche nutzen Menschen landwirtschaftlich und beinahe ein Drittel dieser Fläche leidet bereits jetzt unter enormem Qualitätsverlust. Das heißt zum Beispiel: Bodenerosion aufgrund intensiver Landwirtschaft oder Versalzung wegen zu starker Bewässerung. Durch den Klimawandel verursachte Extremwettereignisse verschärfen diese Problematik: Starke Regenfälle schwemmen fruchtbare Erde weg, Hitzewellen und Dürreperioden führen zu Wasserknappheit und Wüstenbildung. So verschwinden nicht nur Ökosysteme, sondern auch wertvolle Flächen für die Lebensmittelproduktion. Eine schnelle Reduktion der Treibhausgase ist also dringend nötig, um dem Verlust von fruchtbarem Boden und damit der Verschärfung von Armut und Hunger weltweit entgegenzuwirken.
Es ist jedoch noch nicht zu spät zum Handeln. Laut den WissenschaftlerInnen lassen sich manche Effekte durch eine sofortige Umkehr noch vermindern. Ihr Fazit: Die grüne Wende muss her und zwar besser jetzt als gleich! Durch nachhaltigere Landwirtschaftsformen und weniger Fleisch-Konsum ließen sich beispielsweise bis zu 9,6 Milliarden Tonnen CO2 einsparen. Kombiniert mit dem sofortigen Ausstieg aus den fossilen Energien ließen sich durch eine globale Agrarwende die allerschlimmsten Folgen der Klimakrise noch abmildern.
Das Umweltinstitut fordert die Bundesregierung auf: Wachen Sie endlich auf, wir haben keine Zeit mehr zu verlieren! Konsequenten Klimaschutz jetzt umsetzen bedeutet: Raus aus den fossilen Energieträgern und der menschen-, tier- und umweltfeindlichen Agrarindustrie und hin zu erneuerbaren Energien und einer nachhaltigen Landwirtschaft. Agrarwende jetzt – das bedeutet: Massentierhaltung beenden, verbindliche flächengebundene Tierhaltung und Umstellung auf 100% Ökolandbau, damit alle profitieren: VerbraucherInnen und ProduzentInnen ebenso wie Natur, Umwelt und Klima.
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