Merkel – als Klimakanzlerin ein Totalausfall

Angela Merkel bei der Klimakonferenz in Paris 2015. Zuhause bleibt sie jedoch Klimaschutzmaßnahmen schuldig. (Foto: Presidencia de la República Mexicana, CC BY 2.0)
(20. Mai 2019) Die Regierung Merkel kippt die Klimaziele, deckelt die erneuerbaren Energien, verzögert den Kohleausstieg und verhindert den Umbau der Automobilindustrie. Währenddessen erlebt Deutschland Rekord-Dürren, mehrere Jahrhundert-Fluten in einem Jahrzehnt und Kinder und Jugendliche, deren Zukunft auf dem Spiel steht.
Die Klimaziele für 2020 hat die Regierung unter Merkel verworfen. Ob Deutschland seine Klimaziele für 2030 einhalten kann, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar – und wird mit jedem klimapolitischen Versäumnis der Bundesregierung unwahrscheinlicher. Über Klimaschutzmaßnahmen mit denen diese – für die Einhaltung der 1,5 Grad-Grenze im Übrigen zu schwachen – Ziele eingehalten werden können, will Merkel weiter diskutieren. Die Diskussion habe erst begonnen, erklärt CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Das mutet nach Jahrzehnten internationaler Klimakonferenzen grotesk an. Die ersten Staaten und Kommunen erklären indessen bereits den „Klimanotstand“.
Zentraler Ort der „weiteren“ Diskussion soll das sogenannte Klimakabinett sein. Bereits im März sollten die verschiedenen Ministerien konkrete Maßnahmenvorschläge zum Klimaschutz vorlegen. Doch zum Verkehrs- und Gebäudesektor saßen das die zuständigen Minister aus. Im Klimakabinett werden die Ministerien für Verkehr, Bau, Landwirtschaft, Umwelt und Industrie nun „nachsitzen“ und bei zunächst monatlichen Treffen Vorschläge diskutieren. Begonnen wurde damit bereits im April. Am 29. Mai kommen die MinisterInnen erneut zusammen. Im Herbst sollen dann Klimaschutz-Maßnahmen in eine regulatorische Form gegossen werden. Geht es nach Bundesumweltministerin Svenja Schulze, so steht am Ende ein Klimaschutzgesetz, das je Sektor verbindliche Ziele für Treibhausgas-Einsparungen definiert.
Doch die Kanzlerin bleibt dazu bislang vage. Öffentlich bestärkt sie Schulze zwar im Vorhaben, eine rechtliche Regelung zu finden. Doch innerhalb ihrer Partei und der von ihr geführten Ministerien gibt es vehementen Widerstand, dem sie nicht Einhalt gebietet. Verbindliche Einsparziele für einzelne Sektoren lehnen führende ParteipolitikerInnen der Union ab. Angela Merkel muss endlich Farbe bekennen und sich ihrer Richtlinienkompetenz als Kanzlerin bedienen.
Auch beim Thema CO2-Steuer, wie sie Umweltministerin Schulze gemeinsam mit zahlreichen Think Tanks, Umweltorganisationen und AkteurInnen der Klimabewegung fordert, findet die Kanzlerin keine klaren Worte – Vision, Entschlossenheit und Durchsetzungskraft sieht anders aus. Noch ist hierzu Merkels Position und auch die ihrer Partei offen. Annegret Kramp-Karrenbauer hatte jüngst erklärt, eine solche Steuer werde es mit der CDU nicht geben. Das Klimakabinett soll sich in seiner Sitzung am 17. Juli der CO2-Bepreisung widmen.
Während die Bundesregierung zum Klimaschutz weiter auf der Stelle tritt, gehen zivilgesellschaftliche AkteurInnen mit konkreten Maßnahmenvorschlägen an die Öffentlichkeit. Die zwei Denkfabriken Agora Energiewende und Agora Verkehrswende legten in der letzten Woche 15 Eckpunkte für ein Klimaschutzgesetz vor. „Wieder macht eine außerparlamentarische Organisation, was eigentlich Aufgabe der Regierung wäre“, kommentiert dies Malte Kreutzfeld von der tageszeitung.
Schon jetzt steht fest: Verfehlt Deutschland in den kommenden Jahren seine Klimaziele, so müssen für fehlende Emissionsreduktionen nach Europarecht jährlich CO2-Emissionszertifikate anderer Länder im Wert von 30 bis 60 Milliarden Euro angekauft werden – Geld, das besser heute in den Klimaschutz investiert würde.
Denkfabriken legen Diskussionsvorschlag vor: 15 Eckpunkte für ein Klimaschutzgesetz
Mit konkreten Maßnahmenvorschlägen für ein Klimaschutzgesetz treten die zwei Denkfabriken Agora Energiewende und Agora Verkehrswende an die Öffentlichkeit. Ihr Vorschlag: Vier übergreifende und elf spezifische Instrumente für die Sektoren Energiewirtschaft, Verkehr, Gebäude und Industrie – darunter die Einführung einer CO2-Bepreisung außerhalb des Emissionshandels, die zukunftssichere Aufstellung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), eine gesetzliche Verankerung des Kohleausstiegs und die Förderung der Mobilitätswende in den Städten.
Um die Klimaschutzziele der Bundesregierung für 2030 zu erreichen reichen diese Instrumente auch aus Sicht der AutorInnen nicht aus, „aber sie können als das Pflichtenheft dieser Legislaturperiode verstanden werden“. Die WissenschaftlerInnen schreiben: „[M]it einem kleineren Paket wird es jedenfalls nicht gelingen, das deutsche Klimaziel 2030 ‚sicher zu erreichen‘, wie im Koalitionsvertrag formuliert.“
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