Erfolg für Münchner Kohleausstieg

(27. November 2019) Es ist ein Sieg für die Demokratie und für den Klimaschutz in München. Vehement und erfolgreich haben wir uns in den letzten Monaten mit dem Bündnis „Raus aus der Steinkohle“ dagegen gewehrt, dass der gleichnamige Bürgerentscheid von Stadtwerken und Stadtrat gekippt wird. In der heutigen Vollversammlung hat der Stadtrat nun alle Forderungen aus unserem aktuellen Positionspapier fast 1:1 beschlossen.
Ab Mai 2020 werden nun jedes Jahr rund 850.000 Tonnen CO2 eingespart – denn ab diesem Zeitpunkt werden nur noch maximal 350.000 Tonnen Kohle statt bis zu 800.000 Tonnen pro Jahr eingesetzt. Und bis nächsten Herbst müssen die Stadtwerke ein neues Konzept vorlegen, wie die Notfallreserve für die Münchner Fernwärmeversorgung ohne das Kohlekraftwerk bereitgestellt werden kann. Sobald es diese gibt, kann die Dreckschleuder weitgehend vom Netz – „deutlich vor 2028“, in den Worten des Stadtratsbeschlusses. Das Kraftwerk geht dann, voraussichtlich spätestens 2025, in die „Netzreserve“ der Bundesnetzagentur und wird nur noch wenige Stunden im Jahr laufen, wenn es zu Stromengpässen käme. Zusammen mit der sofortigen Kohleminderung entspricht das dem im Bürgerentscheid intendierten Klimaschutzeffekt.
Die neue Ausfallreserve könnte zum Beispiel durch die Verlängerung der Genehmigung des bestehenden Gasheizwerks am Standort des Kohlekraftwerks plus einem zusätzlichen neuen Gasheizwerk am gleichen Standort bereitgestellt werden. Die Heizwerke müssten nur dann zum Einsatz kommen, wenn an einem besonders kalten Tag das Gaskraftwerk Süd ausfallen würde.
Und einen weiteren Beschluss hat der Stadtrat – ebenfalls auf unseren Vorschlag hin – getätigt: Die Stadt wird eine Umsetzungsstudie beauftragen, die den Weg zu einer 100 Prozent erneuerbaren Wärmeversorgung bis 2035 aufzeigt. Zudem sollen Energieeinsparung und dezentrale erneuerbare Energien ab sofort stärker vorangetrieben werden. Bislang ist das Ziel der Stadtwerke, die Wärmeversorgung erst 2040 klimaneutral zu erzeugen – und welche Energieerzeugungsanlagen neben der Geothermie das ermöglichen sollen, ist bisher nur vage formuliert. So haben wir es nebenbei geschafft, die Zielsetzung der Stadt hier an das Pariser Klimaabkommen anzupassen und damit eine der Forderungen von Fridays for Future München und dem Bündnis „München muss handeln“ durchzusetzen.
Im Sommer legte das Wirtschaftsreferat dem Stadtrat einen von den Stadtwerken erarbeiteten Vorschlag zum Beschluss vor. Dieser war an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Die Stadtwerke machten den im Stadtrat regierenden Parteien sowie der gesamten Lokalpresse durch geschickte Kommunikation erfolgreich weis, dass das Kohlekraftwerk bis zur Fertigstellung der Nord-Süd-Stromtrasse Südlink – also bis voraussichtlich 2028 – weiterlaufen müsse. Dabei kann es schon vorher in die Netzreserve und würde dann nur noch wenige Tage im Jahr laufen – bei vermutlich bis zu 90 Prozent Emissionsreduktion. Das und andere für die Diskussion wesentliche Erkenntnisse haben wir mit einem eigenen Gutachten aufdecken können, das das Öko-Institut in unserem Auftrag erstellt hat.
Weiterhin behaupteten die Stadtwerke, es müssten immer mindestens 450.000 Tonnen Kohle im Kraftwerk eingesetzt werden. Nach dem Willen der Stadtwerke und der Großen Koalition sollte der Kohleeinsatz erst ab 2025 verringert werden und dann auch nur um jeweils 75.000 Tonnen Kohle pro Jahr. Mit unserem kontinuierlichen Protest und konstruktiven Vorschlägen – Aktionen in und vor dem Rathaus, ein unabhängiges Gutachten, Positionspapiere, Gespräche mit den Stadtratsfraktionen – haben wir nun wesentlich mehr für den Klimaschutz erreicht. Der Bürgerentscheid „Raus aus der Steinkohle“ ist nicht baden gegangen, wie wir noch im Sommer befürchtet hatten. Er ist gerettet!
Weitere Informationen:
Pressemitteilung mit Gutachten des Öko-Instituts und unserem Positionspapier
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