Die Welt in Flammen
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(14.08.2019) Es ist eine Zeit, in der Unvorstellbares passiert. Eine Stadt mit 10 Millionen EinwohnerInnen versinkt im Meer. Bis 2024 sollen der indonesische Regierungssitz und das Parlament verlegt werden – die Metropole Jakarta wird als politisches Zentrum aufgegeben, weil ihr Untergang naht. Es ist eine Zeit, in der Selbstverständliches in Frage steht. In Niedersachsen müssen sich LandwirtInnen neuerdings entscheiden: Lasse ich die Rüben oder den Mais vertrocknen? Und GartenbesitzerInnen werden von der Feuerwehr per Lautsprecher aufgefordert, ihren Rasen nicht zu sprengen, wenn gleichzeitig die städtische Trinkwasserversorgung versiegt.
In der vergangenen Woche ist auf Grönland Eis in einer Geschwindigkeit geschmolzen, die die besten Modelle erst für das Jahr 2070 vorhergesagt hatten: https://t.co/EKbzaUtj1R
— Rico Grimm (@gri_mm) August 6, 2019
Während die Begriffe Heißzeit, Klimakrise und Klimakatastrophe in den allgemeinen Sprachgebrauch eingehen, überlagern konkrete Bilder die abstrakten Zahlen, Ziele und Prognosen in der Diskussion um die globale Erhitzung: Grönland schmilzt, Griechenland brennt. Indonesien versinkt, Deutschland trocknet aus.
Bislang schienen sich die ersten Anzeichen einer Klimakatastrophe in sicherer Entfernung zu vollziehen: auf ausgedörrten Feldern in Afrika und von Überschwemmung bedrohten Südseeinseln. Jetzt kriechen Wassermangel, Ernteausfälle und Hitzetod mitten in unsere eigene Lebenswelt hinein. Gravierende Änderungen unserer Ökosysteme – das Abschmelzen großer Eismassen, das Auftauen von Permafrost – blieben als theoretische Möglichkeiten in weiter Ferne. Doch jetzt werden sie Realität. Viel früher und in stärkerem Ausmaß als es die Klimawissenschaft erwartet hat. Die Natur zeigt uns, dass sie nicht verhandelt. Wenn wir zu leichtsinnig mit ihr umgehen, werden Kipppunkte erreicht, von denen aus es kein Zurück gibt.
Im zweiten Dürresommer in Folge vertrocknen Lärchen, Buchen und Eichen – das Ökosystem Wald kann nicht mehr. Selbst Förster sind hilflos. https://t.co/YqJA9wHoFO
— taz Klima #FridaysForFuture (@tazKlima) August 9, 2019
Dieser „Point of no Return“ rückt immer näher. In der Arktis taut aktuell der Permafrostboden in rasender Geschwindigkeit auf. Der Weltklimarat hatte das erst ab etwa 2090 erwartet. Dadurch wird ein gefährlicher Kreislauf in Gang gesetzt: Mikroben zersetzen die in den Böden enthaltene Biomasse und entlassen dabei Methan und Kohlendioxid. Insgesamt stecken in den Permafrostböden doppelt so viele klimawirksame Gase wie derzeit in der gesamten Erdatmosphäre enthalten sind.
Die Antarktis verliert heute jährlich sechs Mal mehr Eis als noch in den 1980er Jahren. Bereits vor einigen Jahren erklärten WissenschaftlerInnen, dass der Westantarktische Eisschild sich nun unaufhaltsam im Zerfall befinde. Doch auch in der bisher als stabil geltenden Ostantarktis schrumpfen inzwischen die Gletscher. Weil dunkles Wasser die Sonne nicht so stark reflektiert wie das helle Eis, absorbieren eisfreie Regionen mehr Wärme. So beschleunigt sich die Gletscherschmelze weiter – mit potenziell verheerenden Folgen für die Küstenstädte der Welt. Ein komplettes Abschmelzen der Antarktis würde den Meeresspiegel weltweit um 58 Meter anheben.
Sibirien steht in Flammen, eine Fläche von der Größe Griechenlands ist bereits zerstört. Hitzewellen befördern global die Entstehung von Waldbränden. Diese setzen große Mengen CO2 frei. Auch der Rauch heizt die Erwärmung weiter an, weil er verhindert, dass die darunter liegenden Wolken die Sonneneinstrahlung zurück in den Weltraum reflektieren. Und die verbrannten Bäume können keinen Kohlenstoff mehr aus der Atmosphäre ziehen.
Falls ihr euch fragt: Wie geht es eigentlich der Arktis? Die brennt noch immer. https://t.co/j1lBoZOEWn
— Spektrum (@spektrum) July 26, 2019
Jenseits der 1,5 Grad-Grenze nimmt die Wahrscheinlichkeit sprunghaft zu, dass unumkehrbare Prozesse einsetzen. Auf dem gegenwärtigen Kurs werden die 1,5 Grad möglicherweise schon in 11 Jahren erreicht, warnt der Weltklimarat. Ohne ein radikales Umsteuern könnte sich die Erde bis Ende des Jahrhunderts um mehr als vier Grad erhitzen. Nicht auszudenken, was das bedeuten würde.
Eine so reale Bedrohung unserer Existenz als Menschheit verlangt nach radikalen Reaktionen. Fridays For Future fordern deswegen die gesamte Bevölkerung auf, am 20. September die Arbeit niederzulegen und für die Zukunft unserer Kinder und Enkel zu streiken. Gemeinsam mit den jungen AktivistInnen fordern wir eine Welt, die ein Morgen hat. Diese Welt zu bauen ist schon heute möglich. In den Kohleregionen der EU könnten Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von 730 Gigawatt installiert werden – und damit sämtliche europäischen Kohlekraftwerke ersetzen. Städte wie Kopenhagen zeigen, wie gut eine emissionsarme Mobilität funktioniert, die dem öffentlichen Nahverkehr und dem Fahrrad Vorfahrt gibt. Fleischarme Ernährung und die 30 Stunden-Vollzeit verbinden ebenfalls Gesundheit, Klimaschutz und Lebensqualität. Auf geht´s, packen wir´s endlich an!
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