Atomkraft gefährdet den Klimaschutz

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7.10.2019 – Investitionen in Atomenergie sind klimaschädlich. Mit diesem Fazit wurde an diesem Montag auf der internationalen Konferenz „Climate Change – why nuclear ist not helping“ in Wien der Welt-Statusreport der Atomindustrie (World Nuclear Industry Status Report) präsentiert. Der Report stellt jährlich aktuelle Entwicklungen und Statistiken rund um die nukleare Energieerzeugung zusammen.
Zwar sind 2018 insgesamt neun Reaktoren ans Netz gegangen, davon sieben in China, aber um den Status Quo zu halten, müssten die AKW-Neubaurate verdreifacht werden. In der Realität ist Atomenergie aber auf dem absteigenden Ast und kann mit günstiger, moderner Wind- und Sonnenenergie nicht konkurrieren. Jeder Euro, oder Dollar, der dennoch in Atomenergie versenkt wird, verhindert somit den Aufbau eines effizienten erneuerbaren Energiesystems und steht damit einem wirksamen Klimaschutz diametral entgegen.
Der World Nuclear Industry Status Report des internationalen Autorenteams um den unabhängigen Berater Mycle Schneider genießt in Fachkreisen großes Ansehen. Wer sich über aktuelle Entwicklungen, Perspektiven und Probleme der Atomindustrie informieren möchte, kommt nicht um ihn herum. Die aktuelle Ausgabe legt neben einer weltweiten Übersicht, sowie Kapiteln mit regionalem Fokus einen besonderen Schwerpunkt auf die Rolle von Atomenergie im Zusammenhang mit der Klimakrise. Ein wichtiges Ergebnis: Mit etwa 10 Jahren durchschnittlicher Bauzeit ist Atomenergie deutlich zu langsam, um die Klimakrise zu bremsen. Dabei ist die mehrjährige Planungsphase noch nicht einmal eingerechnet. Um einen relevanten Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, muss eine Technologie aber nicht nur theoretisch Treibhausgase einsparen können, sondern auch kosteneffizient und schnell umsetzbar sein. Nur erneuerbare Energien erfüllen diese Kriterien, sind sie doch um 5-17 Jahre schneller einsetzbar als Atomkraftwerke. In vielen Ländern können neu zugebaute erneuerbare Energien schon heute mit existierenden Atomkraftwerken konkurrieren. Diese teuren Atomkraftwerke abzuschalten spart damit zwar nicht direkt CO2 ein, aber wenn die hohen Betriebskosten stattdessen in Effizienz und moderne Erneuerbare investiert würden, kann dies mehr Treibhausgase einsparen, als ein Kohlekraftwerk emittiert.

Altersverteilung der Atomkraftwerke weltweit. (Bild: WNSIR Mycle Schneider Consulting)
In den 1970er Jahren sagte die nukleare Industrie voraus, dass im Jahre 2000 drei bis fünftausend Gigawatt Strom nuklear erzeugt werden würden. In der Realität war es zehnmal weniger. Vor dem Hintergrund der Klimakrise verspricht die nukleare Lobby seit über einem Jahrzehnt eine Renaissance der Atomkraft. Ein Blick in die aktuellen Zahlen zeigt, dass dieses Versprechen nicht eingehalten wurde und wird. Im vergangenen Jahr stieg die nuklear erzeugte Energiemenge zwar um 2,4 Prozent, allem weil sieben neue Reaktoren in China in Betrieb genommen wurden. Dies ist aber kein Trend, da weit über die Hälfte aller AKW älter als 30 Jahre sind und damit demnächst das Ende ihrer Laufzeit erreichen.
Die Zahl der AKW Neubauprojekte (derzeit 46 Reaktoren) nimmt aber seit 2013 stetig ab. Selbst in China ist seit 2016 kein AKW-Projekt begonnen worden. Zum Vergleich: die Windenergieproduktion stieg 2018 um 29 Prozent, solare Energieproduktion um 13 Prozent. In Ihrem Überlebenskampf wirbt die Atomindustrie auf internationaler und nationaler Ebene um massive öffentliche Gelder mit dem vorgeschobenen Argument, Atomkraft sei jetzt nicht mehr riskant und schmutzig. Hierin liegt eine ernste Gefahr für das Klima und damit für die Zukunft der menschlichen Zivilisation. Selbst wenn kein weiterer Super-Gau passieren sollte – Atomenergie ist eine überteuerte und überholte Technologie – sie kann ihre Versprechen nicht halten. Für eine sichere und lebenswerte Zukunft brauchen wir ein Energiesystem auf Basis der erneuerbaren Energien.
Die Debatte um Atomenergie als „Klimaretter“ lenkt von den wahren Herausforderungen ab und verzögert realistische Lösungen.
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