AKW Fessenheim wird 2020 abgeschaltet – Betreiber EDF kassiert

Das französische AKW Fessenheim im Elsass, Foto: © Florival fr | Wikimedia
(1.10.2019) Nach jahrelangen Verzögerungen wird das umstrittene AKW Fessenheim 2020 vollständig stillgelegt. Dies gab der Betreiber EDF diese Woche bekannt. Block 1 soll am 22. Februar, Block 2 am 30. Juni vom Netz gehen. Anfang des Jahres war noch von Abschaltterminen im März bzw. August die Rede. Die Bekanntgabe konkreter Zahlungen lässt die neuen Termine glaubhafter erscheinen: EDF lässt sich mit über 400 Millionen Euro für die Stilllegung großzügig von seinem Hauptanteilseigner, dem französischen Staat auszahlen. „Entschädigungen“ für den Gewinnausfall bis zum theoretischen Betriebsende 2041 sind darin nicht eingerechnet. Der Konzern ist unter anderem wegen der Verzögerungen und milliardenschweren Kostensteigerungen am AKW-Neubauprojet Flamenville hoch verschuldet. Es entsteht der Eindruck, dass bei den Verhandlungen um Fessenheim nicht die Sicherheit, sondern die Aufbesserung der Bilanz des Staatskonzerns im Vordergrund standen.
Fessenheim ist das älteste französische Atomkraftwerk, es ging 1977 ans Netz. Immer wieder war es wegen Pannen und Sicherheitsmängeln in der Kritik. Der ehemalige französische Präsident Hollande versprach 2012 die Stilllegung bis 2016, konnte dies aber nicht einhalten. In der Zwischenzeit wollte EDF die Abschaltung des AKW Fessenheim an den Betriebsstart des neuen EPR-Reaktors in Flamenville koppeln. Der Start in Flamenville verzögert sich jedoch unter anderem aufgrund zahlreicher mangelhafter Schweißnähte am Reaktordruckbehälter auf unbestimmte Zeit. Die deutsche Bundesregierung stufte das AKW Fessenheim wiederholt als Sicherheitsrisiko ein und forderte die Abschaltung.
In Frankreich sind derzeit insgesamt 58 Reaktoren in Betrieb. Mit einem Atomstromanteil von etwa 75 Prozent ist die Abhängigkeit von der Atomindustrie immens. Präsident Macron kündigte an, bis 2035 14 Reaktoren stillzulegen und den Atomstrom-Anteil von rund 75 Prozent auf 50 Prozent abzusenken. Dies würde für viele Reaktoren jedoch eine Laufzeit deutlich über 40, teils über 50 Jahre bedeuten. Ob dies zulässig ist, bleibt mindestens zu bezweifeln. Der Europäische Gerichtshof befand kürzlich die Laufzeitverlängerung zweier belgischer Reaktoren für rechtswidrig: Sie war ohne Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigt worden.
Der Brennstoff für Fessenheim und weitere marode Meiler wird teilweise in Deutschland produziert. Die Urananreicherungsanlage in Gronau (Nordrhein-Westfalen) und die Brennelementefabrik in Lingen (Niedersachsen) besitzen unbefristete Betriebsgenehmigungen. Die Bundesregierung könnte einen Exportstopp verhängen oder die Fabriken stilllegen. Zu beidem ist derzeit kein politischer Wille erkennbar. Stattdessen sollen auch nach dem Aus für das AKW Fessenheim 2020 und der Abschaltung der deutschen AKW 2022 weiterhin Atomkraftwerke aus den deutschen Atomfabriken beliefert werden. Das Umweltinstitut fordert, den Atomausstieg zu komplettieren und die Uranfabriken stillzulegen.
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