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Offener Brief: FRM II zur Abrüstung verpflichtet

Forschungsreaktor FRM II in Garching mit "Atomei" - Foto: wikimedia commons

(25.4.2018) Der einzige Atom-Reaktor, der seit der Tschernobyl-Katastrophe 1986 in Deutschland geplant und gebaut wurde, steht in Garching: Mit dem FRM II betreibt die Technische Universität München seit 2004 eine Neutronenquelle zu Forschungszwecken. Seit seiner Planungsphase in den frühen 80er Jahren steht der FRM II in der Kritik durch den Einsatz von hoch angereichertem Uran (HEU), internationale Abrüstungsbemühungen zu unterwandern. HEU kann für den Bau von Atomwaffen missbraucht werden.

Schon die Betriebsgenehmigung von 2003 machte zur Auflage, den Reaktor bis 2010 auf niedrig Angereichertes Uran (LEU) umzustellen. Diese Frist wurde auf Ende 2018 verschoben und auch dieser Termin wird wohl verpasst. Das geht aus aktuellen Pressemeldungen hervor. Gerade in Zeiten globaler Aufrüstung wäre der Abschied von waffenfähigem Brennstoff ein wichtiges Signal.

Brisanter Atommüll: Erste Transporte für Mitte 2019 geplant
Hochradioaktives, waffenfähiges Material: Brennelement des FRM II - Kompaktkern mit 113 gekrümmten Brennstoffplatten; Foto: TU München

Hochradioaktives, waffenfähiges Material: Brennelement des FRM II - Kompaktkern mit 113 gekrümmten Brennstoffplatten; Foto: TU München

Nicht nur der aus Russland angelieferte Brennstoff bedeutet ein Proliferationsrisiko, auch die abgebrannten Brennelemente weisen immer noch eine hohe Uran-Anreicherung von über 87,5 Prozent auf. Ein Missbrauch kann nicht ausgeschlossen werden. Aus einem vom nationalen Begleitgremium (NBG) in Auftrag gegebenen Gutachten geht hervor, dass dieser Atom-Sondermüll wegen möglicher Rekritikalität nicht endlagergerecht ist, und daher schon vor der Zwischenlagerung konditioniert werden muss. Für die Entwicklung eines geeigneten Verfahrens ist der Reaktorbetreiber verpflichtet. Dieser Mehraufwand wird aber bislang gescheut. Stattdessen sollen die verbrauchten Brennelemente ins Zwischenlager in Ahaus transportiert werden – ohne Konditionierung.

Aktuellen Medienberichten zufolge wurde der geplante Beginn der Transporte von Ende 2018 auf Mitte nächsten Jahres verschoben. Grund dafür dürften Verzögerungen im Verfahren für die Genehmigungen des neuen CASTOR Behälters MTR-3, sowie für dessen Transport und Einlagerung in Ahaus sein. Die Sprecherin des FRM II, Andrea Voit, erklärte den Westfälischen Nachrichten: „Wir gehen davon aus, alle drei Genehmigungen bis etwa Mitte 2019 zu erhalten.“ Der erste Transport werde dann „zeitnah“ erfolgen.

Derweil ist seitens des ehemaligen wissenschaftlichen Leiters, Prof. Dr. Winfried Petry eine Desinformations-Strategie erkennbar. Dem Münchner Merkur erklärte er etwa, es sei "nicht genügend Uran für eine Bombe" vorhanden. Fakt ist jedoch, dass ein MTR-3 fünf Brennelemente mit jeweils 8,3 kg hoch angereichertem Uran enthält. Diese Menge reicht für mindestens eine Atombombe, bei Anwendung fortgeschrittener Technik sogar für fünf Atombomben.

Offener Brief an den neuen wissenschaftlichen Leiter des FRM II

Im April ist die wissenschaftliche Leitung des FRM II von Prof. Dr. Winfried Petry an Prof. Dr. Peter Müller-Buschbaum übergegangen. In einem offenen Brief gratuliert das Umweltinstitut dem Experten für Polymerforschung und Neutronenstreuung zu seiner neuen Berufung. Mit dem Schreiben fordert das Umweltinstitut „die Umrüstung des FRM II auf LEU-Brennstoff voranzutreiben, um das Proliferationsrisiko einzudämmen und die Entsorgungsproblematik zu entschärfen“, sowie die fachgerechte Konditionierung des hoch angereicherten Atommülls zu veranlassen.

Der Brief schließt mit einem Appell an den neuen Direktor: „In Ihrer neuen Position als wissenschaftlicher Leiter haben Sie die Chance, Verantwortung für das atomare Erbe Garchings zu übernehmen. Sorgen Sie für den angemessenen Schutz von Umwelt und Gesellschaft. Sie stärken damit den guten Ruf Ihrer Institution als international führende Forschungseinrichtung.“

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