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Die Große Koalition des kleines Mutes

Foto: European Parliament

Kanzlerin Merkel und SPD-Chef Schulz, Archivbild, Foto: European Parliament

(07.02.2018) Es ist „vollbracht“: Nach zähen Verhandlungen bis in die frühen Morgenstunden haben Union und SPD heute ihren Koalitionsvertrag der Öffentlichkeit präsentiert. „Ein neuer Aufbruch für Europa“ und „Eine neue Dynamik für Deutschland“ heißt es vollmundig auf der Titelseite. Nur von Aufbruchstimmung und Dynamik ist im Koalitionsvertrag gerade beim Thema Umweltschutz nicht viel zu spüren:

Offenbarungseid beim Klimaschutz

Ein regelrechter Offenbarungseid ist die Aufgabe des Klimaziels für 2020. Zwar will auch die neue, alte GroKo „Vorreiter beim Klimaschutz“ sein, doch faktisch kapituliert sie vor der gewaltigen Lücke bei der CO2-Reduktion, die jahrelanges Nichtstun verursacht hat. Erstmalig erwähnt ein deutscher Koalitionsvertrag zwar die Notwendigkeit aus der Kohleverstromung auszusteigen – auf einen Fahrplan dafür wollte man sich aber lieber nicht festlegen. Nicht einmal auf die Abschaltung der dreckigsten Kraftwerke innerhalb der nächsten Jahre konnten sich die Koalitionäre einigen. Diese Mutlosigkeit ist fatal, denn wir haben keine Zeit mehr, den Klimaschutz noch weiter auf die lange Bank zu schieben.

Was die neue "GroKo" für den Klimaschutz bedeutet, erklärt unsere Energiereferentin Franziska Buch im Interview.

Stillstand in der Atompolitik

Keinerlei Fortschritte gibt es mit der GroKo in der Atompolitik: So sieht der Koalitionsvertrag keine beschleunigte Vollendung des Atomausstiegs vor. Dies gilt auch für Deutschlands unsicherstes AKW, den Block C des AKW Grundremmingen, der wohl noch vier Jahre am Netz bleiben dürfte. Zwar möchte man keine deutschen Brennstoffe an Risikoreaktoren in Nachbarländern liefern, doch das wird aus rechtlichen Gründen nur mit Stilllegung der Atomfabriken in Gronau und Lingen gehen. Davor aber drückt sich die Große Koalition.

Raus aus Glyphosat! Nur wann?

In der Agrarpolitik finden sich positive Ansätze, doch auch hier regiert an vielen Stellen die Mutlosigkeit. So soll die Anwendung von Glyphosat „so schnell wie möglich“ beendet werden. Doch ein Ausstiegsdatum findet sich im Koalitionsvertrag nicht. Ähnlich sieht es beim Insektensterben aus: Dieses will die GroKo zwar stoppen, aber der Koalitionsvertrag bleibt auch hier sehr vage. Ohne ein zügiges Verbot der systemischen Insektizide wird sich das Artensterben aber nicht aufhalten lassen.

Unser Agrarreferent Karl Bär erklärt im Gespräch, worauf sich die neue "GroKo" in der Landwirtschaftspolitik geeinigt hat. Ob Glyphosat nun zügig verboten wird, oder die nächsten vier Jahr Stillstand herrscht, liegt auch an uns.

Lippenbekenntnisse für mehr Tierwohl

Statt der Massentierhaltung den Kampf anzusagen, hält die GroKo an den Plänen für ein viel zu lasches Tierwohl-Label fest. Immerhin: Das Schreddern männlicher Eintagsküken soll bis 2019 beendet werden.

CETA zum Vorbild

Wenn man die Ausführungen zur Handelspolitik liest, reibt man sich die Augen: Als ob es in der SPD nicht heftigsten Widerstand von der Basis gegen TTIP und CETA gegeben hätte, liest man dort nur Lob über CETA. Das Abkommen mit Kanada soll zum Vorbild für zukünftige Abkommen mit Ländern in Asien und Lateinamerika werden. Dabei fördert der Vertrag Gentechnik und den Handel mit Billigfleisch und gibt international tätigen Konzernen Sonderklagerechte gegen demokratisch beschlossene Gesetze.

Es kommt auf uns alle an

In der Gesamtschau ergibt sich ein Programm, dass in der Umweltpolitik zwar an vielen Stellen die Probleme benennt, deren Dringlichkeit aber vollkommen verkennt. Eine neue „Dynamik“ oder gar ein „Aufbruch“ in der Umweltpolitik sind von einer Neuauflage der Großen Koalition wohl nicht zu erwarten.

Dabei muss es aber nicht bleiben: Die Erfahrung mit den bisherigen Regierungen unter Angela Merkel haben gezeigt, dass die Kanzlerin sehr schnell reagieren kann, wenn die öffentliche Meinung kippt. Diese „Flexibilität der Standpunkte“ der Kanzlerin können wir uns zu Nutze machen. Wenn es genug Druck aus der Zivilgesellschaft gibt, könnten der Ausstieg aus Glyphosat oder die Stilllegung der Kohlemeiler doch sehr viel schneller kommen, als es im Moment aussieht. Es liegt also auch an uns allen dafür zu sorgen, der neuen Bundesregierung Mut – und wohl auch „Beine“ zu machen – die ökologischen Herausforderungen anzugehen.

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