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Kohle-Kommission mit Startschwierigkeiten

Foto: Raimond Spekking

Noch 2017 musste ein denkmalgeschützter Dom dem Kohle-Abbau weichen.

(03. April 2018)  Die zerstörerischen Auswirkungen von Kohle-Abbau und -Verstromung haben im letzten Jahr große öffentliche Aufmerksamkeit erhalten: 25.000 Menschen nahmen an der bisher größten Anti-Kohle-Demo anlässlich des Weltklimagipfels in Bonn teil, Tausende brachten bei zwei Blockade-Aktionen des Bündnisses „Ende Gelände“ die Kohlebagger zum Stillstand und die weitere Rodung des Hambacher Urwalds konnte vorerst durch lokale Proteste und eine Klage des BUND verhindert werden. Auch die Sprengung des denkmalgeschützten Doms in Immerath, der dem Kohle-Tagebau weichen musste, löste bundesweit Empörung aus. Ein Ergebnis dieses anhaltenden Widerstands ist, dass nun erstmals in der Geschichte das Wort „Kohleausstieg“ in einem Koalitionsvertrag auftaucht.

So hat die Große Koalition in ihrem Regierungsprogramm festgeschrieben, dass sie eine Kommission einsetzen wird, die ein „Aktionsprogramm“ für Klimaschutz und Kohleausstieg erarbeiten soll. Dieses Gremium unterschiedlicher AkteurInnen aus „Politik, Wirtschaft, Umweltverbänden, Gewerkschaften sowie betroffenen Ländern und Regionen“ soll bis Ende 2018 Maßnahmen zur Erreichung des Klimaziels bis 2030 erarbeiten und die Lücke zum Klimaziel bis 2020 „so weit wie möglich“ schließen. Ganz konkret soll sie außerdem einen Plan zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung vorlegen – inklusive eines Datums für den endgültigen Ausstieg.

Zeitplan der Kommission ist wenig realistisch

Das Thema Kohleausstieg in eine solche Kommission zu verlagern, ist dem sofortigen Handlungsbedarf wenig angemessen. Zusätzlich war bis kurz vor Ende des ersten Quartals noch nichts über Start, Zusammensetzung und Arbeitsweise der Kommission bekannt. Ob diese bis Ende des Jahres die geforderten Ergebnisse liefert, ist unklar. Kurz vor Ostern äußerten sich VertreterInnen der neuen Regierung nun aber doch zu einigen Eckpunkten.

Vor der Sommerpause solle die Kommission ihre Arbeit aufnehmen, ließ Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier verlauten. Ob es ihr gelingen werden, innerhalb des straffen Zeitrahmens von einem halben Jahr das bestellte „Aktionsprogramm“ abzuliefern, darüber wollte der Minister „keine persönlichen Vermutungen äußern“. Er stellte aber klar, dass sein Ministerium die Führung der Kommissionsarbeit übernehmen wolle. Das wiederum sorgte für Irritationen im Umweltministerium, das aufgrund seiner Zuständigkeit für den Klimaschutz ebenfalls federführend beteiligt werden müsste.

GroKo, Konzerne und Gewerkschaft vereint gegen den Kohleausstieg

Ernüchternd war ein gemeinsamer Presseauftritt von Altmaier und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, bei dem beide erklärten, dass sie keine Ambitionen haben, das Klimaziel bis 2020 zu erreichen. Laut Altmaier sollen die Kohlekraftwerkskapazitäten bis 2030 reduziert werden, aber auch danach noch für viele Jahre eine wichtige Rolle spielen. Dass dies dem von Deutschland ratifizierten, völkerrechtlich verbindlichen Weltklimavertrag widerspricht, ließ der Minister geflissentlich unter den Tisch fallen. Umso wichtiger ist die gleichberechtigte Verantwortung des Umweltministeriums bei diesen wichtigen Weichenstellungen. Es kann korrigierend eingreifen, wenn der Klimaschutz den Industrieinteressen geopfert werden soll.

So sehen das auch die großen Umweltverbände wie DNR, BUND und NABU. Sie stellten bereits Bedingungen für ihre Beteiligung an der Kohleausstiegs-Kommission. Die zwischen Wirtschafts- und Umweltministerium geteilte Führung gehört auch dazu. Außerdem solle die Besetzung durch den Einbezug von Umweltverbänden, Wissenschaft, Entwicklungsorganisationen und Kirchen ausgewogener als bisher geplant gestaltet werden. Zusätzlich zur Festlegung eines Enddatums für die Kohleverstromung, verlangen die Verbände ein Zwischenziel für 2025 sowie einen kontinuierlichen Emissionsabbau, der kontrolliert werde. Parallel zur Berufung der Kommission solle die Regierung außerdem ein Sofortprogramm zur Abschaltung der klimaschädlichsten Kohlekraftwerke verabschieden. Vor allem diese letzte Forderung ist elementar: Denn nur wenn bis 2020 die Hälfte der noch laufenden Kohlekraftwerke vom Netz gehen, sind das Klimaziel 2020 und damit die im Weltklimavertrag festgeschriebene 1,5 Grad-Grenze noch zu halten.

Gegenwind kam sogleich aus der Chefetage von RWE: Ein Ausstiegsdatum sei nicht nötig – bis 2050 sei es mit der Kohleverstromung ja ohnehin vorbei. Michael Vassiliadis, der Chef der Bergbau-Gewerkschaft IG BCE, legte nach: Wer die Kommission auf einen radikalen Kohleausstieg reduziere, schade dem Klimaschutz. Beide Aussagen sind reichlich absurd, doch sie zeigen, dass Kommission und Regierung in den nächsten Monaten unter großem Lobbydruck stehen werden. Und erfahrungsgemäß ist die Große Koalition nicht sonderlich gut darin, diesem zu widerstehen. So bleibt weiterhin entschlossener Protest aus der Zivilgesellschaft notwendig, um lasche Beschlüsse und damit letztlich die Klimakrise zu verhindern.  

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