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Hambacher Forst: Sonntagsspaziergang mit Barrikadenbau

Der Protest für den Rodungsstopp und gegen die Kohle trifft auf breite gesellschaftliche Solidarität
Baumhaus im Hambacher Forst (Foto: Tim Wagner)

Baumhaus im Hambacher Forst (Foto: Tim Wagner)

(26. September 2018) Seit Montag wird im Hambacher Forst wieder geräumt. Die nordrhein-westfälische Landesregierung unter Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hält weiterhin am massiven Polizeieinsatz zugunsten des Kohleabbaus fest – auch gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit in Deutschland.

Vier Tage währte der Räumungsstopp, nachdem am Mittwoch zuvor ein Journalist bei einem Sturz tödlich verunglückte. Vier Tage des Innehaltens, aber auch der Trauer unter den AktivistInnen. Und zugleich vier Tage, in denen erneut deutlich wurde, wie groß die Solidarität der Gesellschaft mit den Protesten ist.

Auch am vergangenen Sonntag demonstrierten wieder mehrere Tausend Menschen am Hambacher Wald gegen die geplante Rodung und für den Kohleausstieg. Trotz strömenden Regens und ausgefallener S-Bahnen waren es selbst der Polizei zufolge noch mehr Menschen als eine Woche zuvor, als nach Einschätzung des Veranstalters bereits mehr als 7.500 TeilnehmerInnen zur Demonstration kamen.

Drei von vier Deutschen für Rodungsstopp

Obwohl diesmal nur eine Kundgebung außerhalb des Waldes genehmigt wurde, ließ es sich der Großteil der Menschen nicht nehmen, den Wald auch von Innen zu erkunden. Hunderte der SpaziergängerInnen vom Kleinkind bis hin zur Seniorin solidarisierten sich dabei mit den WaldbesetzerInnen. Selbstgebackene Muffins wurden mitgebracht und gestrickte Socken verteilt – „damit zumindest die Füße nicht kalt werden“. Für viele der Teilnehmenden war es der erste Besuch im Wald. Auf den Wegen wurde sich freundlich gegrüßt. Eltern mit ihrem Vierjährigem an der Hand trafen vor Ort auf Kleingruppen von SonntagsspaziergängerInnen und AktivistInnen, die sich an der Errichtung von Barrikaden beteiligten und dazu in einem gemeinsamen Kraftakt ganze Bäume bewegten. Dem gegenüber stand ein massives Polizeiaufgebot.

Die AktivistInnen und SonntagsspaziergängerInnen stehen mit ihrem Anliegen für eine breite Mehrheit der Bevölkerung. Einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid zufolge lehnen 75 Prozent der Deutschen die Rodung des Hambacher Forstes ab. Zudem unterstützen 73 Prozent einen Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 oder früher.

Die Auseinandersetzung um den Hambacher Forst braucht Besonnenheit, nicht Eskalation

Zum jetzigen Zeitpunkt die Rodung gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit durchzudrücken, ist laut Hubert Perschke von der lokalen Bürgerinitiative ‚Buirer für Buir‘ nicht nur unerträglich für Angehörige und FreundInnen des verunglückten Journalisten, sondern „angesichts des politischen Willens auch undemokratisch. Wir brauchen jetzt Ruhe und sozialen Frieden in der Region”.

Noch immer bestehen massive Zweifel, ob eine Rodung des Hambacher Waldes rechtlich überhaupt zulässig ist. Ein neues Rechtsgutachten im Auftrag von Greenpeace kommt zu dem Ergebnis, dass die nötigen Auflagen nicht erfüllt sind. Eine Rodung sei deshalb rechtswidrig. Zudem zeigt eine bergbauliche Stellungnahme des Beratungsunternehmens Plejades, dass auch bei einem weiteren Betrieb des Hambacher Tagebaus eine Rodung des Waldes auf Herbst 2019 verschoben werden könnte. Und bis dahin können sich die energiepolitischen Vorzeichen verschoben haben – bestenfalls dahingehend, dass die Hambacher Kohle niemand will und braucht.

Wachsender Protest

Seit Montag also wird im Hambacher Forst wieder geräumt. Doch mit jedem zerstörten Baumhaus wächst zugleich der Protest. Es sind eben nicht nur Kleingruppen von AktivistInnen, bei denen die Politik der Landesregierung und des Energiekonzerns RWE Widerstand erzeugt. Bei immer mehr Menschen macht sich eine massive Unzufriedenheit breit. Auch bei den nächsten angekündigten Terminen kann also mit großer Resonanz gerechnet werden – sei es beim bundesweiten Aktionstag „Hambi bleibt!“ oder vor Ort am Hambacher Forst beim Waldspaziergang (30.9.), der Großdemo „Wald retten – Kohle stoppen!“ (6.10.) oder den Aktionen zivilen Ungehorsams der Kampagnen „Ende Gelände“ (6.10. und 25.-29.10.) und „Aktion Unterholz“.

Die Auseinandersetzung um den Hambacher Forst ist Sinnbild dafür, wie die Politik Hand in Hand mit fossilen Energiekonzernen gegen den demokratischen Willen der Bevölkerung agiert. Zugleich steht der Wald dafür, wie ernst es  die deutsche Politik mit dem Kohleausstieg nimmt.

Bildergalerie mit Eindrücken vom Waldspaziergang am 23. September:
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