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Gentechnik in der Zucht: Der Unwissenschaftliche Bericht

(08.03.2018) Deutsche Behörden beschäftigen sich derzeit intensiv mit neuartigen Gentechniken. Vergangenes Jahr veröffentlichten mehrere dieser Behörden gemeinsam einen sogenannten "Wissenschaftliche[n] Bericht zu den neuen Techniken in der Pflanzenzüchtung und der Tierzucht und ihren Verwendungen im Bereich der Ernährung und Landwirtschaft". Der Bericht fällt sehr einseitig zugunsten der neuen Gentechniken aus und ignoriert die damit verbundenen Risiken. Deshalb reichten wir im Rahmen einer Öffentlichkeitsbeteiligung eine kritische Stellungnahme ein. Doch auch die daraufhin überarbeitete Version des Berichts vernachlässigt weiter wichtige Kritikpunkte. Vorgenommene Änderungen sind lediglich kosmetischer Art.

Transparenzcheck

Was man den AutorInnen des Berichts zu Gute halten muss, ist die durchaus vorhandene Transparenz. In der überarbeiteten Version sind alle Änderungen gelb hinterlegt und somit für jedeN sofort ersichtlich. Zudem hatten Institutionen, Umweltorganisationen und Privatpersonen die Möglichkeit, den Bericht zu kommentieren und damit (bestenfalls) mitzugestalten. Dennoch wird die transparente Vorgehensweise der Behörden von den vielen anderen negativen Aspekten des Berichts überschattet.

Sind Ethik und Sozioökonomie denn keine Wissenschaften?

Erstens wurden ethische Aspekte, vor allem im Hinblick auf gentechnisch veränderte Tiere, nicht mit in den überarbeiteten Bericht aufgenommen. Die Rinderrassen Weißblaue Belgier und Piemonteser etwa werden als Beispiele für eine „verbesserte Produktionsleistung“ genannt. Diese Rassen haben aufgrund einer natürlich vorkommenden Mutation ein extremes Muskelwachstum. Die Mutation führt aber außerdem zu Schwergeburten und drastischem Tierleid. Etwa 90 Prozent der Kälber der Weißblauen Belgier müssen per Kaiserschnitt zur Welt gebracht werden, da die Kälber schlicht zu groß sind und darum nicht mehr durch den Geburtskanal passen. Aber ist es denn ethisch vertretbar wissentlich solches Tierleid per Gentechink auch auf andere Rassen künstlich übertragen zu wollen, nur damit die Rinder mehr Fleisch abwerfen? Wir sagen ganz klar: Nein!

Zweitens sollen Tiere unter dem Deckmantel "Tierschutz" mittels Gentechnik an nicht artgerechte Haltungsbedingungen angepasst werden. Zum Beispiel wird auch in dem überarbeiteten Bericht Hornlosigkeit von Rindern als Tierschutz bezeichnet. Unserer Ansicht nach stellt das einen absoluten Missbrauch dieses Ausdrucks dar. Eine Haltung von Rindern ohne Hörner spielt Haltungsformen in die Hände, in denen auf viel zu kleinem Raum viel zu viele Tiere unter nicht artgerechten Bedingungen gehalten werden. Mit dem Schutz der Tiere hat Hornlosigkeit also nur entfernt etwas zu tun. Denn Hörner haben bei Rindern wichtige Funktionen.

Drittens wird mehrfach auf die Möglichkeit der „Multiple[n] gezielte[n] Genomveränderungen“ verwiesen. Dies lässt den Schluss zu, dass solche Schritt für Schritt vorgenommenen Veränderungen im Genom von Tieren und Pflanzen als erwünscht angesehen werden. Die neuen Gentechnik-Verfahren reichen damit weit über die Möglichkeiten herkömmlicher Züchtung hinaus. Die Risiken der Anwendung solcher Techniken müssen daher unbedingt berücksichtigt werden, alles andere wäre verantwortungslos. Im Falle des wissenschaftlichen Berichts ist das jedoch nicht vorgesehen. Zitat: "Nicht behandelt werden Risiken, die an die neu entstandenen Eigenschaften gekoppelt sind".

Fazit

Die Überarbeitung des "Wissenschaftliche[n] Bericht[s] zu den neuen Techniken in der Pflanzenzüchtung und der Tierzucht und ihren Verwendungen im Bereich der Ernährung und Landwirtschaft" durch die Behörden hat zu keinerlei Verbesserung geführt. Wichtige Überlegungen aus Sicht der beiden Wissenschaften Ethik und Sozioökonomie wurden nicht mit in die aktuelle Fassung aufgenommen. Aus diesem Grund lautet unser Urteil: Der Bericht kann nur als ein absolut UNwissenschaftlicher Bericht bezeichnet werden.

Gentechnik bleibt Gentechnik

Das Umweltinstitut München fordert, dass nicht artgerechten Haltungsformen endlich ein Riegel vorgeschoben wird. Nicht die Tiere müssen an die Haltungsbedingungen angepasst werden, sondern umgekehrt die Haltungsbedingungen an die Ansprüche der Tiere. Unsere Landwirtschaft muss auf 100 % Ökolandbau umgestellt werden, die ohne den Einsatz von Gentechnik und chemisch-synthetischen Pestiziden auskommt.

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