ExpertInnen fordern Kehrtwende in der Agrarpolitik

Seit 30 Jahren warnt das Umweltinstitut vor den negativen Folgen der industriellen Landwirtschaft. Foto: Tante Tati / pixabay.com
(06.06.2018) Gegenwind aus dem eigenen Hause: Die wissenschaftlichen Beiräte für Agrarpolitik und Biodiversität (Artenvielfalt) des Agrarministeriums haben Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner Anfang der Woche zwei Stellungnahmen vorgelegt.
Sie raten dringend dazu, EU-Agrarfördermittel in erster Linie an Gemeinwohlleistungen zu orientieren. Doch das sieht der Vorschlag der EU-Kommission zur nächsten Agrar-Förderperiode, den die Ministerin bezüglich der Umweltschutzaspekte begrüßt hat, nicht vor.
Es scheint auch, als wären der Ministerin die Stellungnahmen unangenehm: Der Termin mit den Beiräten wurde weder öffentlich angekündigt noch wurde Presse geladen. Bisher hat sie sich auch nicht zu den Empfehlungen der Agrarexperten geäußert.
Momentan wird in der Europäischen Union verhandelt, nach welchen Kriterien die Fördergelder nach Ablauf der aktuellen Förderperiode (2014-2020) vergeben werden sollen. Bisher wird der größte Teil der Gelder nach Fläche ausgezahlt. Im Klartext heißt das: Wer viel hat, bekommt auch viel. Ob der Betrieb finanziell auf die Förderung angewiesen ist, wird dabei nicht berücksichtigt. Es spielt auch kaum eine Rolle, ob ein Betrieb umwelt- oder tierfreundlich bewirtschaftet wird. Gemeinwohlaspekte gehen bei der Verteilung der Fördergelder also unter.
Das ist fatal, denn unsere Agrarlandschaften befinden sich in einem äußerst schlechten ökologischen Zustand, was in jüngster Zeit vor allem durch das massive Vogel- und Insektensterben deutlich geworden ist.
Auch in der Stellungnahme des Beirats für Artenvielfalt wird eindringlich darauf hingewiesen, dass
„die derzeit vorherrschende Form der Landbewirtschaftung in Deutschland und in anderen Ländern erheblich zum Verlust der biologischen Vielfalt beiträgt.“
Dies kann durch eine Neu-Ausrichtung der gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) maßgelblich beeinflusst werden. Wenn die Gelder in erster Linie an Umwelt-, Klima- und Tierschutzaspekte statt an Hektarzahlen geknüpft werden, wird für LandwirtInnen ein Anreiz geschaffen, ihre Wirtschaftsweise verstärkt an diesen Aspekten festzumachen. Denn umwelt- und tierfreundlich wirtschaftende Betriebe erhalten dann mehr Geld als Betriebe, die ihre Wirtschaftsweise nicht oder weniger stark an diesen Aspekten ausrichten.
Öffentliche Gelder dürfen nicht länger genutzt werden, um die industrielle Landwirtschaft mit ihren negativen Auswirkungen zu befördern. Deshalb sollten die EU-Fördermittel Betrieben nur im Zusammenhang mit der Erfüllung von Umwelt- und Tierschutzauflagen gewährt werden, die den Schutz der Umwelt und des Klimas, den Erhalt der Artenvielfalt und artgerechte Tierhaltung gewährleisten.
Wir erwarten von Landwirtschaftsministerin Klöckner, den Empfehlungen der Experten aus ihrem eigenen Hause zu folgen und sich bei den Verhandlungen für eine gemeinwohlorientierte GAP einzusetzen.
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